Obdachlosigkeit in einer reichen Stadt wie Frankfurt ist Alltag geworden!

7. Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung am 11. November 2021

 

Stadtverordneter Eyup Yilmaz, LINKE.:

Sehr geehrte Frau Vorsteherin,

meine Damen und Herren!

Waren Sie schon einmal persönlich in der B‑Ebene der Station „Eschenheimer Turm“? Haben Sie beobachtet, unter welchen Bedingungen die wohnungslosen Menschen dort leben, in welchen Sammelunterkünften sie untergebracht sind?

Ja, ich bin persönlich dort gewesen. Es gibt hier keine Duschen, keinen Waschraum. Es gibt hier nur die Toiletten. Die Menschen werden täglich um 06:00 Uhr geweckt und in die Morgenkälte nach draußen geschickt, dann wird gereinigt, und anschließend gibt es noch Kaffee oder Tee sowie belegte Brötchen, bevor alle die B-Ebene verlassen müssen. Das ist eine Notlösung, besser als nichts, aber auch nicht mehr als für das Ãœberleben notwendig.

Nicht nur in der B-Ebene, sondern auch in über 40 heruntergekommenen Hotels und weiteren Sammelunterkünften werden Menschen unter dramatischen Bedingungen untergebracht. Etwa 8.000 Menschen, darunter Familien und über 1.000 Schulkinder. Das alles ist eine Folge einer katastrophalen Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik des Magistrats.

Sie haben letztes Jahr nur 41 Sozialwohnungen gebaut, weniger als ein Prozent, gemessen an den insgesamt gebauten Wohnungen. In den letzten fünf Jahren haben sie etwa 20.000 Wohnungen fertiggestellt, davon gerade einmal 532 Sozialwohnungen, weniger als drei Prozent. Im gleichen Zeitraum sind Tausende Sozialwohnungen aus der Bindung gefallen.

Ein weiterer Skandal ist, dass die Zwangsräumungen in Frankfurt stark zugenommen haben. Obdachlosigkeit in einer reichen Stadt wie Frankfurt ist Alltag geworden. Dabei stehen Tausende Luxuswohnungen leer. In den Sammel- und Notunterkünften hingegen wird die Menschenwürde mit Füßen getreten. Eine Erklärung, ein Satz dazu: Die Betreibung von Obdachlosenheimen und Sammelunterkünften ist ein boomendes Geschäft geworden. Pro Kopf und Nacht bekommen die Betreiber 29 Euro. Allein an den Evangelischen Verein für Wohnraumversorgung e.V. zahlt die Stadt jährlich über 83 Millionen Euro. Anstatt Sozialwohnungen zu bauen, werden mit den städtischen Geldern stets weitere Notunterkünfte in freier Trägerschaft etabliert.

Meine Damen und Herren, das ist die Realität. Ein Pilotprojekt ist da nur ein schlechter Scherz. Housing‑First bedeutet, die Wohnungspolitik in Frankfurt vom Kopf auf die Füße zu stellen, bedeutet grundsätzlich Bauen für den Bedarf der Menschen statt Bauen für den Geldbeutel der Superreichen. Dafür braucht es mehr als leere Versprechungen und Symbolpolitik, dafür braucht es eine starke Mitte in Frankfurt. Letzter Satz: Wir fordern den Magistrat auf, die obdachlosen Menschen kurzfristig in den leerstehenden Hotels und Luxuswohnungen und langfristig in bezahlbarem Wohnraum unterzubringen.

 

Vielen Dank!

 

(Beifall)

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