7. Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung am 11. November 2021 – TOP 10 Entwicklung Personalbestand
Stadtverordnete Monika Christann, LINKE.:
Frau Vorsteherin,
werte Stadtverordnete!
Ich rede zum Bericht B 303. Seit meinem Eintritt 2018 als Stadtverordnete beobachte
ich eine Stellenunterbesetzung quer durch alle Dezernate und Ämter. Eine meiner Kernaussagen ist: Der Ex-Kämmerer Uwe Becker hat sich jahrelang damit gebrüstet, dass er gut gewirtschaftet habe. Das stimmt nicht. Zwar steht die Stadt trotz Corona immer noch gut da, aber dass sie so gut dasteht, liegt mit Sicherheit auch daran, dass viele Jahre lang stets mit 100 Prozent Stellenbesetzung gerechnet wurde, die Stellen aber durchschnittlich nur zu 85 bis 87 Prozent oder weniger mit realen Menschen besetzt waren und sind. Das hat erhebliche Kosten eingespart – auf dem Rücken der Beschäftigten und zulasten der Daseinsvorsorge. Durchschnittlich 87 Prozent besetzte Stellen – Stand 30.04.2021 – müssen 100 Prozent Leistung erbringen. Dieses Missverhältnis geht zulasten der Gesundheit der Beschäftigten. Der Ex-Magistrat hat hierbei nicht nur eine gesetzlich auferlegte Fürsorgepflicht für die Gesundheit der Beschäftigten verletzt. Pikanterweise war Gesundheitsdezernent Majer gleichzeitig für Personal verantwortlich. Neben dieser Pflichtverletzung hat der Ex-Magistrat auch Haushaltsbeschlüsse des Souveräns, nämlich der gewählten Stadtverordneten, missachtet, denn er ist an die Haushaltsbeschlüsse gebunden. Zum Haushalt gehören nun einmal auch die Stellenpläne. Der Magistrat ist die Spitze der Verwaltung und muss die Beschlüsse der Stadtverordneten ausführen. Er darf nicht eigenmächtig und wie hier offenbar mit System die Beschlüsse zum Stellenplan ändern. Da dies
aber über die Jahre verstetigt ist, konnte sich in der Stadtkasse ein Batzen Geld ansammeln. Warum führe ich hier die Verfehlung des vorhergehenden Magistrats an? Ganz einfach: Das Thema der Unterbesetzung beziehungsweise teilweisen Nichtumsetzung eines Haushaltsteils war im letzten Personalausschuss am Montag auf der Agenda. Die Antworten auf meine kritischen Anmerkungen ließen nicht erkennen, dass dieser schlechte Zustand mit dem neuen Magistrat beziehungsweise dem neuen Kämmerer beendet werden soll. Der aufgeblähte Magistrat und eine gewisse Selbstbedienungsmentalität sprechen für sich. Zur Verdeutlichung der Missstände greife ich einmal einige Beispiele heraus, wo es um die
Sicherheit der Bevölkerung oder um Existenzen geht – volle Zahlen, ohne Kommaanteile. Die Zahlen der Planstellen geben übrigens keine Auskunft über die Krankheitsquote oder die Anzahl Langzeiterkrankter, zum Beispiel durch Ãœberlastung, die fehlen in der Realität zusätzlich. Punkt. Angesichts der Pandemiebewältigung ist ein nur zu 87 Prozent besetztes Gesundheitsamt unverantwortlich. 202 Stellen plus vier neuer Stellen sollen es sein, real sind es aber nur 175, eine Differenz von 31 Stellen. Das ist eine heftige Zahl angesichts der fortdauernden Pandemie. Ist das der Grund, warum wir sogar die Hilfe der
Bundeswehr benötigen? Noch im September beantwortete Herr Majer unsere Anfrage
nach der Kontaktverfolgung wortwörtlich so – ich zitiere: „Nahezu alle originären Angebote und Dienstleistungen des Gesundheitsamts sind dadurch eingeschränkt bis aufgehoben.“ Den Angaben zufolge sind 113 Beschäftigte aus dem Gesundheitsamt für Covid eingesetzt, unterstützt von 101 externen Hilfskräften und – Achtung! – 127 Beschäftigten aus anderen Ämtern, sodass die chronische Unterbesetzung anderer Ämter noch stärker ist. Brenzlig wird es in der Branddirektion, ausgesprochen gemeingefährlich ist die mangelhafte Stellenbesetzung. Die aufgeführte 89-
prozentige Stellenbesetzung bedeutet: Von den knapp 1.032 Planstellen plus 28 neuer
Stellen sind nur 921 Stellen besetzt, ein Minus von 139 Stellen. Ich meine, das ist für
eine Branddirektion, die Leben retten soll, eine erhebliche Zahl. Zu den klassischen
Aufgaben der Feuerwehr kommen dann noch die Aufgaben wie die Lagerung, Verwaltung und Verteilung von Pandemieschutzausrüstungen. Auch wenn demnächst irgendwann eine größere Anzahl von Azubis kommen wird, ist doch die Unterbesetzung der Branddirektion unverantwortlich. Im Jobcenter sind von den 456 Planstellen nur 381 besetzt, ein Minus von 75 Stellen. Wie viele Existenzen betrifft das? Wie viele Menschen können in schwierigen Coronazeiten wegen verspäteter Bescheide und Auszahlungen ihre Miete nicht mehr bezahlen oder ihre Heizkostenbeihilfe bekommen? Die Stabsstelle Digitalisierung ist von 49 Prozent
Besetzung auf sage und schreibe 53 Prozent angewachsen, ganze fünf Komma noch was Stellen. Kein Wunder, dass Jan Schneider nichts auf die Reihe gekriegt hat. Trotz der drohenden Erfüllung des Onlinezugangsgesetzes 2022 hat er sich offenbar nicht darum gekümmert. Ähnliche Verhältnisse sind in allen Ämtern zu beobachten. Als Teil des gewählten Souveräns sage ich: Diese Politik auf dem Rücken der Beschäftigten muss ein Ende haben.
Danke!
(Beifall)