Warum müssen in einer Stadt wie Frankfurt Menschen im Müll schlafen?

46. Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung am 2. Juli 2020

Fragestunde zu Frage Nr. 2639: Entwicklung im Bahnhofsviertel

Stadtverordnetenvorsteher Stephan Siegler:

Die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Kliehm von der LINKE.‑Fraktion. Im Anschluss spricht Herr Stadtrat Majer. Bitte!

Stadtverordneter Martin Kliehm, LINKE.:

Meine Damen und Herren!

Nicht der Frankfurter Weg ist gescheitert, die AfD ist gescheitert. Wo ist denn Ihr Fraktionsvorsitzender? Was machen Sie denn im Landtag? Der Frankfurter Weg ist nicht gescheitert. Ich werde darauf auch gleich noch einmal eingehen.

Im Ausschuss für Recht und Sicherheit haben wir vor allem zwei Dinge gehört, die mich sehr überrascht haben. Das eine war Markus Frank, der gesagt hat, die Drogenabhängigen und die Obdachlosen sind nun sichtbarer. Markus Frank hat nicht gesagt, dass es jetzt mehr sind. Er sagte, sie sind sichtbarer, weil zu Corona-Zeiten alles geschlossen hatte, weil dort weniger Leute arbeiten, weil die Bordelle geschlossen haben, weil die Gastronomie geschlossen hatte. Man sieht die Menschen mehr. Es sind nicht mehr geworden. Stefan Majer sagte, er würde sich wünschen, dass die Drogenabhängigen wegen den tollen Hilfsangeboten nach Frankfurt kämen. Aber sie kommen nach Frankfurt, weil hier der Stoff ist. Da muss man ansetzen und nicht sagen, oh, der Frankfurter Weg mit den Hilfsangeboten sei gescheitert.

Herr Schenk, Sie haben auch Unrecht. Die Kriminalitätsrate in Frankfurt sinkt seit Jahren. Wir haben wesentlich weniger Drogentote. Wir haben jetzt 20 bis 30 Drogentote pro Jahr. In den Neunzigerjahren waren es 150 Drogentote pro Jahr. Das haben wir heute noch in Berlin, das eine gleich große Drogenszene wie in Frankfurt hat, weil sie diesen Weg nicht gegangen sind. Und wir haben die Zahl der Drogenabhängigen in Frankfurt konstant. Ich sehe auch keine sehr große offene Drogenszene, wenn man die Taunusanlage einmal gewöhnt war. Da waren es teilweise über 1.000 Menschen. Ich weiß nicht, wo Sie aufgewachsen sind, aber anscheinend nicht in Frankfurt.

Wenn dann selbst von der SPD ein Oliver Strank sagt, die Leute sollen doch in ihre Heimatkommune gehen, dann frage ich mich, wie realitätsfremd das denn ist. Sie haben gehört, die Leute kommen nach Frankfurt wegen des Stoffs und nicht wegen den Hilfsangeboten. Aber in Frankfurt sind die Hilfsangebote, weil hier die Menschen sind. Das kann eine kleine Heimatkommune auf gar keinen Fall leisten.

Die Drogenabhängigen und Obdachlosen wurden in der Corona-Krise alleingelassen. Man muss sich schon fragen, warum in einer Stadt wie Frankfurt Menschen im Müll schlafen und auf die Straße kacken müssen, weil Herr Schneider es nicht hinkriegt, Toiletten zu schaffen. Die Gastronomen beschweren sich dann über die Drogenabhängigen. Da haben wir ein Phänomen, das wir hier sehr oft sehen, weil Sie eigentlich nur nach unten treten können. Ich erwarte eine Gleichbehandlung. Auf der einen Seite will Markus Frank immer ein Alkoholverbot im Kaisersack und auf der anderen Seite sagt niemand etwas, wenn Corona-Partys mit 3.000 Menschen auf dem Opernplatz oder an der Kleinmarkthalle stattfinden. Oder Sie heulen herum, dass die armen Ordnungshüter nicht ernst genommen werden. Sie handeln mit zweierlei Maßstab. Sie können nur nach unten treten. Das muss aufhören. Den Frankfurter Weg müssen wir weiterhin unterstützen.

Danke!

(Beifall)

Hier können Sie die Rede als PDF-Datei herunterladen.

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