Wie weit gehen gemeinsame Geschäfte der Stadt mit Bau-Investoren?

Anfrage

des Stadtverordneten Michael Müller der Fraktion DIE LINKE. im Römer gemäß § 50 (2) HGO

Die Albusstraße liegt in der Frankfurter Innenstadt. Dort wollte der Magistrat der Stadt Frankfurt ein Geschäft mit der Parnova B.V. eingehen: Die Stadt Frankfurt sollte das Grundstück der Albusstraße 21 kaufen und die Baurechte im gleichen Zug an das Unternehmen zurückgeben. Durch diese Kooperation hätte das Unternehmen auf dieses und das angrenzende Grundstück (in der Albusstraße 19) Wohnungen bauen können. Geförderte Wohnungen waren bei dem Neubau laut Vorlage M 203/2019 nicht vorgesehen. Die M-Vorlage wurde allerdings in der verkürzten Stadtverordnetenversammlung am 26. März 2020 abgelehnt. Damit kam das Geschäft nicht zustande. Fragen, welche DIE LINKE. im Römer zu diesem und anderen Grundstücksgeschäften mit privaten Investoren in Form eines Zu-Antrages (NR 1140/2020) gestellt hatte, bleiben unbeantwortet. Wir möchten die Vorgänge allerdings klären und stellen deshalb diese Anfrage. Im Folgenden wird bisher Bekanntes zu der aktuellen Wohnungssituation in der Innenstadt und den Grundstücksgeschäften noch einmal als Kontext der Anfrage dargestellt.

Es fehlt seit Jahren an bezahlbarem Wohnraum in Frankfurt, auch in der Innenstadt. Hier gibt es besonders wenig Sozialwohnungen: Am 31.12.2018 gab es in dem kompletten Stadtteil Belegrechte für lediglich 31 Wohnungen (Quelle: Tätigkeitsbericht des Amts für Wohnungswesen 2018, S. 70).

Trotzdem wollte die Stadt nun ein städtisches Grundstück in der Albusstraße einem Investor übergeben, der bisher durch den Bau von Luxus-Eigentumswohnungen aufgefallen ist. Dass hier kein geförderter Wohnraum entstehen sollte, läuft nicht nur dem Bedarf der Bürger*innen zuwider, sondern widerspricht auch dem erklärten Ziel des Magistrats. Denn noch Ende Dezember 2019 äußerte der Magistrat im Baulandbeschluss das Ziel, bei allen Wohnbauentwicklungen eine Quote von 30 Prozent gefördertem Wohnungsbau einzuhalten. In der Albusstraße soll(te) auf stadteigenen Grundstücken gebaut werden. Hier hat die Stadt eine große Handhabe. Trotzdem wollte sie die vollständige Verantwortung für die Bebauung an den Investor Parnova B.V. übergeben.
Die Parnova B.V. nutzt das Unternehmen Maintraum GmbH, um das geplante Bauvorhaben in der Albusstraße unter dem Namen „Downtown 21“ zu vermarkten. Entstehen soll ein Wohn- und Geschäftshaus (30 Wohnungen zwischen 50 und 100 m²), das zu einem „trendigen Stadtviertel“ beitragen soll. Gemeint ist damit die umfassende Aufwertung der umliegenden Bereiche südlich der Zeil und im Bereich der Breite Gasse. Die Aufwertung des Gebietes – und damit die Verdrängung bisheriger Wohnbevölkerung – wurde schon mit dem Bebauungsplan Nr. 546 im Jahr 2005 angestrebt. Im Jahr 2014 sollte der Bebauungsplan dann wieder geändert werden (nun „Nr. 546Ä“), um mehr Wohnfläche zu schaffen. Ein Anteil an geförderten Wohnungen ist auch hier vom Magistrat nicht vorgesehen.

Erst 2017 ermöglichte der Magistrat mit einem Verkauf von öffentlichen Grundstücken den Bau von 150 Wohnungen und einem Hotel in der parallel zur Albusstraße verlaufenden Allerheiligenstraße. Auch hier wurden dem Investor keine Vorgaben zum Anteil an geförderten Wohnungen gemacht.

Des Weiteren entschied sich die Stadt dazu, das Verfahren für eine Milieuschutzsatzung im Bereich Allerheiligenstraße einzustellen. Diese Entscheidung wurde in dem Wissen getroffen, dass hier von Verdrängung betroffene Bevölkerungsgruppen wohnen und eine überdurchschnittliche Verdrängungsgefährdung in dem Gebiet Allerheiligenstraße besteht (Magistratsvorlage M 187/2018).

Es ist dringend notwendig, dass in diesem Bereich bezahlbare Wohnungen entstehen und sich die Stadt nicht weiter aktiv an der Verdrängung beteiligt. Deshalb ist es wichtig, dass bei der Bebauung in der Albusstraße geförderter Wohnraum entsteht!

Wirft man einen weiteren Blick auf den Investor in der Albusstraße, die Parnova B.V., fällt auf, dass dieser eine Postadresse aufweist, die mit der Domblick B.V. und der Fuchstanz B.V. identisch ist – und in Amsterdam liegt. Auch die Domblick B.V. hat mit der Maintraum GmbH gemeinsam acht Luxus-Eigentumswohnungen, inkl. 227 Quadratmeter großem Penthouse, in der Frankfurter Innenstadt gebaut. Auch dieses Haus steht auf einem städtischen Grundstück. Eine 113-Quadratmeter-Wohnung in diesem Haus wird aktuell auf einem Immobilienportal für mehr als eine Million Euro angeboten.
In Rödelheim will die Maintraum GmbH unter dem Namen „Fuchstanz – Fenster zum Taunus“ zwei Häuser mit insgesamt 12 Eigentumswohnungen vermarkten.

Der Magistrat wird gebeten, folgende Fragen zu beantworten:

    • 1. Welche Gründe bewegten den Magistrat dazu, das Geschäft abzusagen?
    • 2. Was bedeutet die Absage des Magistrats für das Bauvorhaben in der Albusstraße?
    • a. Plant die Parnova B.V. weiterhin den Bau von Wohnungen?
    • b. Wenn ja, wie viele geförderte Wohnungen sollen dort entstehen?
    • c. Steht das Grundstück weiterhin zum Verkauf und falls ja, plant die Stadt Frankfurt weiterhin, es zu erwerben?
    • 3. Wie bewertet die Stadt das Vorhaben der Parnova B.V. in der Albusstraße ausschließlich Eigentumswohnungen bauen zu wollen, insbesondere vor dem Hintergrund der eigenen Bestrebungen mehr geförderten Wohnraum in Frankfurt zu schaffen?
    • 4. Inwiefern kann der Magistrat selbst eine Bebauung in der Albusstraße durchführen?
    • 5. Was waren die Beweggründe des Magistrats für das ursprüngliche Geschäft, d.h. für die geplante Vergabe des Erbbaurechts an den privaten Investor Parnova B.V.?
    • 6. Welche Möglichkeit sieht der Magistrat, die Grundstücke Albusstraße 19 und 21 in städtischen Besitz zu bringen und dort selbst geförderte Wohnungen zu errichten bzw. das Grundstück im Erbbaurecht der stadteigenen Wohnungsgesellschaft ABG zu überlassen, damit diese dort geförderte Wohnungen schafft?
    • 7. Liegt für die Albusstraße 19 und/oder 21 bereits eine Baugenehmigung vor?
    • 8. Wenn bereits eine Baugenehmigung vorliegt: Inwiefern entsprechen die beantragten Wohnungsgrundrisse in Größe, Zuschnitt und Ausstattung den Kriterien für geförderte Wohnungen?
    • 9. Was tut der Magistrat ansonsten dafür, dass in der Innenstadt geförderter Wohnraum entsteht?
    • 10. Wie sind die Parnova B.V., die Domblick B.V., die Fuchstanz B.V. und die Maintraum GmbH verbunden – personell, finanziell, gesellschaftsrechtlich und anderweitig?
    • 11. In welcher Form sind oder waren aktuelle oder ehemalige Stadtverordnete und Dezernent*innen an den genannten Firmen und/oder Bauunternehmungen beteiligt?
    • 12. Mit Beschluss § 3260 vom 6.6.2013 wurde ein städtisches Grundstück in der Innenstadt im Erbbaurecht an einen Investor vergeben. Dort sind sehr teure Eigentumswohnungen entstanden, die ebenfalls über die Maintraum GmbH Wohnungen verkauft wurden.
    • a. Wieso war der Magistrat nicht in der Lage, an dieser Stelle geförderte Wohnungen einzufordern?
    • b. Inwiefern tragen die entstandenen Luxus-Eigentumswohnungen dazu bei, den Mangel an bezahlbaren Wohnungen in Frankfurt zu beheben?
    • c. Welche Möglichkeiten sieht der Magistrat, die bestehenden Erbbaurechtsverträge aufzulösen?
    • d. Was tut der Magistrat, um solche Fehler in der Grundstücksvergabe nicht zu wiederholen?
    • 13. Wie bewertet der Magistrat vor dem Hintergrund der Informationen zu dem Bauprojekt Albusstraße 19/21 die Entscheidung, die Milieuschutzsatzung für das Gebiet Innenstadt, Allerheiligenviertel zu versagen?
    • 14. Wann nimmt der Magistrat die Ãœberlegungen wieder auf, eine Milieuschutzsatzung (Erhaltungssatzung zum Schutz der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung nach § 172 (1) Satz 1 Nr. 2 BauGB) für das Allerheiligenviertel zu erstellen?
    • 15. Bestehen Ãœberlegungen, ein städtisches Grundstück bzw. das Grundstück einer städtischen Gesellschaft, eines Eigenbetriebes oder einer stadtnahen Stiftung an die Fuchstanz B.V. oder andere Gesellschaften bzw. Privatpersonen zu verkaufen oder der genannten Gesellschaft das Erbbaurecht an einem solchen Grundstück zu überlassen?
    • 16. Bestehen Ãœberlegungen, ein städtisches Grundstück bzw. das Grundstück einer städtischen Gesellschaft, eines Eigenbetriebes oder einer stadtnahen Stiftung an die Maintraum GmbH zu verkaufen oder der genannten Gesellschaft das Erbbaurecht an einem solchen Grundstück zu überlassen?

Anfragesteller: Stv. Michael Müller

DIE LINKE. im Römer

Dominike Pauli und Martin Kliehm

Fraktionsvorsitzende

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