Rede in der Stadtverordnetenversammlung am 22.09.2022

Bau- und Rodungsmoratorium für den Fechenheimer Wald

Die Frankfurter Stadtregierung hat es in der gestrigen Stadtverordnetenversammlung abgelehnt, sich gegen die Rodung eines Teilstücks des Fechenheimer Waldes auszusprechen. Daniela Mehler-Würzbach, verkehrspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Römer begründete in ihrer Rede den dringlichen Antrag NR 481/2022: Bau- und Rodungsmoratorium für den Ausbau der A 66 Tunnel Riederwald:

„Werte Frau Vorsteherin, werte Kolleg*innen!

Wir diskutieren heute am Internationalen autofreien Tag und am Vorabend eines globalen Klimastreiks. In einer Zeit, in der der Klimaschutzbeirat der Bundesregierung dem Verkehrsminister ein vernichtendes Zeugnis für seine Sofortmaßnahmen für den Klimaschutz ausstellt und von „Arbeitsverweigerung“ spricht. In einer Zeit, in der die Autobahn GmbH und die Bundesrepublik Deutschland gegen eine Fahrradsternfahrt über eine Autobahn zur Übergabe der Unterschriften für ein Volksbegehren für ein Hessisches Verkehrswendegesetz geklagt hat.

Quer über alle politischen Fraktionen in der Stadtverordnetenversammlung hinweg wird stets betont, dass ein Autobahnausbau mitten im Stadtgebiet heute nicht mehr zustimmungsfähig wäre. Grüne Bundestagsabgeordnete filmen Reels für Instagram im Fechenheimer Wald, grüne Stadtverordnete erklären in Pressemitteilungen, sie hielten angesichts der Klimakatastrophe und dem Ziel einer Mobilitätswende den Riederwaldtunnel und die damit verbundene Fällung von Bäumen für falsch und anachronistisch. Der Ortsbeirat 11 hat fraktionsübergreifend und ohne Gegenstimmen in seiner letzten Sitzung ein Rodungsmoratorium gefordert. Jedes Wochenende finden Spaziergänge im Wald statt, viele Menschen in Frankfurt unterstützen die nun seit gut einem Jahr im Wald lebenden Baumbesetzer:innen – vielleicht außer Herr Pürsün und Freund*innen, die kleine Anfragen im Landtag stellen und die Kriminalisierung der Waldbesetzung betreiben.

Ja, ich weiß: Es besteht Baurecht für die Autobahn GmbH – und danke Herr Schulz, Sie müssen mein Rechtsverständnis heute nicht kommentieren – und Sie, werte Mitglieder der Koalition, haben in ihrem Koalitionsvertrag aufgeschrieben, dass sie zwar den weiteren Ausbau von Autobahnen ablehnen, aber die A661 gemäß der aktuellen Planfeststellung inkl. Riederwaldanbindung gebaut werden soll.

Nur agieren Sie in Widersprüchen: Mit den Klimaschutzzielen für Frankfurt wurden in diesem Haus heere Ziele verabschiedet. Auch beschließen wir hier immer wieder wohlklingende Konzepte: Ein Biodiversitätskonzept. Gerade wird ein Masterplan Mobilität erarbeitet. All diese Ziele, Konzepte und Pläne sind Makulatur und Augenwischerei. Wir dürfen nicht die Augen davor verschließen, was vermeintlich nicht oder nicht mehr in unserer direkten Zuständigkeit ist, aber die Zukunft dieser Stadt prägen wird.

Ab dem 1. November darf gemäß Planfeststellungsbeschluss im Fechenheimer Wald gerodet werden. Allerdings drohen Umweltschäden, weshalb wir, übrigens wie letztes Jahr auch, ein sofortiges Rodungsmoratorium fordern. Der Fund des Heldbockkäfers muss artenschutzrechtlich bewertet und die offenbar bislang unzureichenden Maßnahmen zum Schutz der Bechsteinfledermaus wirksam nachgebessert werden.

Der Stadtwald ist tot und wir verlieren täglich weitere Bäume auf dem Stadtgebiet. Wir planen Parks und wissen nicht, ob da wirklich Bäume wachsen werden angesichts der Hitzesommer. Aber parallel lassen wir großflächige Waldrodungen zu?

Auch der Umgang mit dem zusätzlichen Autoverkehr durch den Autobahnausbau ist nach unserer Auffassung viel zu wenig thematisiert, die Verkehrsentlastung und mögliche Alternativen zu wenig verhandelt – hier danke ich zumindest für das „Prüfen und Berichten“ zu unserem Antrag „Für eine Mobilitätswende im Frankfurter Osten“.

Wie es mit dem Lärmschutz für die Anwohner*innen weitergeht, ist noch vollkommen unklar. Die Menschen haben aber ein Recht darauf, dass diese Fragen geklärt werden bevor die Verkehrslawine über sie hereinbricht.

Expert*innen schätzen die Kosten bis zur Fertigstellung im Jahr 2031 mittlerweile auf mehr als eine Milliarde Euro – aber es ist ja kein Geld des städtischen Budgets und nicht unsere Zuständigkeit, also auch egal!

Werte Kolleg*innen, der Ausbau der A 66 mitten im Stadtgebiet Frankfurts ist aus verkehrlichen, städtebaulichen klimatischen, ökologischen und finanziellen Gründen nicht zu verantworten.

Für DIE LINKE ist klar, es ist an der Zeit, dass die Stadtpolitik ein deutliches Signal an die Bundesregierung sendet, die Rodung durch die Autobahn GmbH zu verhindern und dem Aufgabenträger ein Baumoratorium aufzuerlegen.

Es liegt an uns, Zerstörung zu verhindern – und damit die Interessen der Frankfurter*innen und ihrer Zukunft zu schützen. Die aus der Zeit gefallene Planung muss öffentlich eine entschiedene politische Ablehnung erfahren.

Grüne, SPD, FDP, Volt, CDU, AfD und BFF-BIG haben sich mit der Ablehnung unseres Antrags dagegen entschieden.

Bitte erklären Sie das Ihren Kindern und der Zukunft.“

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