Schwarz-Grün-Roter Rückschritt bei der Integration

3. (außerordentliche) Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung am 8. Juni 2016

TO 4: Vorzeitige Abberufung des hauptamtlichen Beigeordneten Sarah Sorge

Stadtverordnete Merve Ayyildiz, LINKE.:

Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher,

meine Damen und Herren!

Obwohl meine Erwartungen gegenüber dem Zusammenschluss von CDU, SPD und GRÜNEN bemerkenswert gering waren, haben Sie es dennoch geschafft, diese zu unterbieten und mich tatsächlich zu überraschen. Dies ist eine Fürrede für die Frankfurter Bevölkerung, die zu circa 50 Prozent einen sogenannten Migrationshintergrund besitzt und bei der Dezernatsvergabe nicht berücksichtigt wird. Dies ist keine Fürrede für eine grüne Dezernentin, sondern eine Rede in Anerkennung ihrer zehnjährigen ehrenamtlichen Arbeit. Besonders vor dem Hintergrund des stetigen Zuzuges und der Geflüchtetensituation bräuchten wir nicht nur ein selbstständiges, sondern ein hauptamtliches Integrationsdezernat.

(Beifall)

Es ist bedauerlich, dass diese besondere und wichtige Koordinationsstelle eingespeist statt ausgebaut wird. Ein Ausbau wäre die richtige Konsequenz der neu gebildeten Regierung gewesen. Doch hier hat das neue Dreiergespann versagt. Dieser politische Akt schickt in einer angespannten Atmosphäre wie der heutigen, ein gefährliches Signal an die Öffentlichkeit. Angespannt, da die geistige Brandstiftung des rechten Randes längst in tatsächliche Brandstiftung übergegangen ist. Dem gesellschaftlichen Prozess, in dem wir uns befinden, mit einer Einsparung dieser Art zu antworten, ist unverantwortlich.

(Beifall)

Dass ich überhaupt die Notwendigkeit eines selbstständigen Integrationsdezernats in einer Stadt rechtfertigen muss, die so bunt ist wie Frankfurt, ist nahezu lächerlich. Doch es ist leider nötig. Wir brauchen eben eine solche Struktur, die dezernatsübergreifend Integration als eine Querschnittsaufgabe sieht und dementsprechend arbeitet. Ein hohes Maß an Vernetzung und ein Fokus auf diesen Bereich sind notwendig. Als LINKE haben wir schon zu Beginn der Wahlperiode gefordert, auch den Ausschuss für Bildung und Integration aufzusplitten, denn so viele bildungspolitische Probleme Frankfurt auch hat, das Thema Integration darf kein Unterpunkt dieser Probleme werden.

(Beifall)

Unverantwortlich ist das Verhalten der Koalition auch deshalb, weil man sich der Verantwortung entzieht. Es gilt Räume zu schaffen statt sie weiter abzubauen. Ohne ein Integrationsdezernat hätten wir heute beispielsweise kein Integrations- und Diversitätskonzept, das durch seine Leitlinien zwar keine konkreten Maßnahmen benennt, durch die Ausarbeitung jedoch eine Orientierung bietet. Auch der darauffolgende Monitoringbericht konnte massive Mängel in der Stadt aufzeigen, die uns mahnen, dieses Thema nicht nur ernst zu nehmen, sondern auch in angemessener Ernsthaftigkeit zu arbeiten. Wir leben in einer Stadt mit über 180 Nationen. In vielen Beiträgen der jetzt Regierenden wurde zu Wahlkampfzeiten noch mit einem mir zwar sehr unangenehmen, aber von Ihnen doch häufig genutzten Begriff des Stolzes hantiert. Man sei stolz auf das internationale Frankfurt und was man alles für diese Metropole tut. Selbst in den konstituierenden Ausschusssitzungen konnte man vor dieser Schulterklopferei und Eigenlobergüssen nicht mehr fliehen. Doch wofür wollen Sie sich hier eigentlich den Lob einheimsen? Sie sind dabei, einen gewaltigen Schritt zurückzugehen. Darauf sollte man nicht stolz sein. Dass das Bildungsdezernat stets einer Überforderung ausgesetzt war und den gewünschten Standards immer noch hinterherhinkt, kann kaum Zuversicht geben, dass integrationspolitische Themen nun angemessen und nicht halbherzig nebenher abgefertigt werden.

Ich warne Sie, meine Damen und Herren, hier einen großen Fehler zu begehen. Frankfurt ist eine Stadt mit einem so großen Potenzial, deren Interkulturalität eine große Bereicherung für die hier lebende Bevölkerung ist. Dieses Potenzial darf nicht leichtsinnig verspielt und eine große Chance damit vertan werden.

Danke schön!

(Beifall)

Stadtverordnetenvorsteher

Stephan Siegler:

Vielen Dank, Frau Ayyildiz! Die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Zieran von ÖkoLinX-ARL. Bitte schön!

Hier können Sie die Rede als PDF-Datei herunterladen.

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