Räumlichkeiten der Paulskirche nicht an Burschenschaften vermieten

23. Plenarsitzung am 22. Juni 2023

 

Aktuelle Stunde zur Frage Nr. 1668

 

Stadtverordneter Michael Müller, LINKE.:

 

Frau Vorsteherin,

meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Völlig zu Recht sorgte die Vermietung der Paulskirche an die Burschenschaften für einen Sturm der Entrüstung in Frankfurt. Ich frage Sie: Ist dem Magistrat und insbesondere der Bürgermeisterin nicht bewusst gewesen, wem sie dort den roten Teppich ausgerollt haben? Frau Bürgermeisterin, es wäre doch ein Leichtes gewesen, herauszufinden, welche deutschtümelnde, gefährliche Feierrunde da zusammenkommt, der Sie die Einladung aussprechen. Dass Sie als Magistrat dies nicht geprüft haben, sondern wohlwollend durchgewunken haben, das hätte so nicht passieren dürfen, meine Damen und Herren.

 

Die Räumlichkeiten der Paulskirche wurden hier an Organisationen vermietet, die sich bewusst auf Ehre und Vaterland beziehen und die unter Deutschsein das, und nur das verstehen: „Das deutsche Volk ist eben die Gemeinschaft derjenigen, die durch deutsche Sprache, Kultur und Wertvorstellungen verbunden sind.“ Ich frage Sie: Sind das die Werte, auf die wir uns auch im Paulskirchenjubiläum berufen haben? Ist das der Wert, der hier in der Paulskirche vertreten werden sollte? Dieser Männerbund, meine Damen und Herren, steht für ein reaktionäres, für ein rückwärtsgewandtes und ein brandgefährliches Weltbild, das den Grundwerten von Demokratie, Toleranz und Vielfalt diametral entgegensteht, meine Damen und Herren, und deswegen haben sich viele auch dagegengestellt.

 

Frau Bürgermeisterin, es war meiner Meinung nach sehr befremdlich, dass Sie als Bürgermeisterin auch ein Grußwort sprechen wollten, das Sie nachträglich als Protestrede verstanden wissen wollten. Hatten Sie denn wirklich geglaubt, mit den Rechten so in den Diskurs zu treten? Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, es war schließlich die Zivilgesellschaft und es waren auch viele von uns hier im Raum, die gesagt haben, so geht das nicht, die lautstark gesagt haben, das ist ein kollossaler Fehler, der hier vom Magistrat passiert ist, der nachträglich geheilt wurde.

 

Und nun hört man, dass es eine Maßgabe geben soll, dass eben nach Verfassungsschutzberichten als Gradmesser argumentiert wird, wer in die Paulskirche darf und wer nicht. Aber wissen Sie denn nicht, dass der Verfassungsschutz immer noch viel zu oft blind ist auf dem rechten Auge?

 

Ich erinnere Sie daran, dass die VVN-BdA in Bayern bis 2022 vom Verfassungsschutz als „bundesweit größte linksextremistisch beeinflusste Organisation im Bereich des Antifaschismus“ bezeichnet wurde. Noch einmal die Frage: Glauben Sie, dass das die richtigen Geldgeber sind? Ich meine, nein. Es ist unsere Aufgabe, dass wir selbst eigene Richtlinien definieren für die Vermietungspraxis, die sich an den Grundwerten von Demokratie, Antifaschismus, Antisemitismus und Antirassismus orientiert. Das ist jetzt die Aufgabe, der wir uns kollektiv stellen müssen, damit so etwas nicht mehr passiert. Und Gott sei Dank waren am 18. Juni die Burschis nicht in der Paulskirche, ich hätte es mir nicht ausmalen wollen.

 

Vielen Dank!

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