40 Prozent mehr ist für Menschen etwas. Es geht um ihren Geldbeutel.

6. Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung am 23. September 2021 – TOP 10 Abwasser

Stadtverordneter Michael Müller, LINKE.:

 

Vielen Dank, Herr Vorsteher!
Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ich werde jetzt nicht über Klärschlamm reden. Ich werde nicht über Dünnschlamm reden. Ich werde aber etwas ganz Grundsätzliches sagen: Liebe CDU, ich habe eben gerade richtig gut zugehört und Sie glauben das ja gerade selbst nicht oder Herr Schwander,
was Sie gerade gesagt haben? Sie haben allen Ernstes gesagt, wir müssen von der
Flächenversiegelung absehen. Ich frage Sie: Wer war denn verantwortlich in Frankfurt am
Main für die beschissene Platzgestaltung des Rathenauplatzes, des Goetheplatzes, des Paul-Arnsberg-Platzes? Das sind Plätze, die komplett ohne Grün sind. Da sind Sie doch
mit verantwortlich, Herr Schwander.

(Beifall)

Ihre Partei hat das mit geplant. Und sich jetzt hierhin zu stellen, als die obersten Klimaschützerinnen und Klimaschützer, wo Sie jahrzehntelang Klimaschutz blockiert haben und nichts getan haben. Die Menschen in Frankfurt wissen sehr genau, warum Frankfurter Plätze aussehen, wie sie aussehen. Siewissen sehr genau, warum viel zu wenig
Bäume da sind. Da tragen Sie, liebe CDU, aber auch zusammen mit SPD und GRÜNEN
eine Mitverantwortung. Sie haben die letzten Jahre regiert. Aber sich jetzt hier mit einer
schneidigen Rede hinzustellen und zu glauben, irgendjemanden überzeugen zu können,
das gelingt nicht, Herr Schwander.

(Zurufe)

Herr Schwander, Sie sind leider niemals in der Gegenwart angekommen. Die Zukunft ist
Ihnen, glaube ich, fremd. Wissen Sie, wofür Sie auch verantwortlich
sind? Ihre Partei ist mit dafür verantwortlich, dass das Grünflächenamt allen Ernstes mitteilen muss, dass sie kein Budget mehr haben. „Wir können die Frankfurter Spielplätze nicht sanieren. Wir haben kein Geld mehr, die Grünflächen zu pflegen.“ Das ist doch ein
Armutszeugnis, das mitgestaltet wurde von Ihrer Finanzpolitik, die Sie zu verantworten
hatten, in dieser Koalition. Deswegen sind Sie unglaubwürdig, was Klimaschutz betrifft.

Die FDP zum Beispiel, die gesagt hat, wir sind die Wirtschaftspartei. Ja, Sie sind die
Wirtschaftspartei, aber Sie sind keine sozial denkende Partei, sonst hätten Sie mit einem
Wort doch erwähnt, das alles, was Sie jetzt sagen, zu höheren Gebühren führt. Der FDP
war das keine Silbe wert und auch der Koalition nicht so sehr. Aber man muss doch sagen, wenn am Ende steht, dass die Gebühren um circa 40 bis 45 Prozent steigen können und eine genaue Progression noch gar nicht gemacht werden kann, ist das ein Problem. Das ist das Grundproblem, das wir haben. Klimaschutzmaßnahmen müssen wir so ausgestalten, dass sie nicht dazu führen, dass wir Gebührenerhöhungen haben, weil Gebührenerhöhungen beim Abwasser natürlich die sozial schwachen Menschen immer stärker treffen. Eine hohe Akzeptanz für Klimaschutz muss immer sozial flankiert werden. Wir brauchen Leitplanken. Ich sehe hier noch eine große Leerstelle bei diesem Abwasserkonzept. Ich trage ja mit, dass wir veränderten Umweltbedingungen gerecht werden müssen. Ich gehe mit, dass man sagen muss, wir müssen etwas tun. Wir müssen
uns vorbereiten auf drohende Klimaszenarien, aber bitte schön denken Sie noch einmal
als Koalition darüber nach. Zumindest das haben Sie erwähnt, da muss ich von der CDU  Ihnen recht geben, ja, in zwei Sätzen haben Sie es angesprochen, glaubwürdig ist
es aber immer noch nicht so ganz, aber immerhin haben Sie es gesagt, Herr Schwander: „ Aber da muss nachjustiert werden.“ Da muss wirklich nachjustiert werden, dass das
besser wird, ansonsten werden wir die Menschen bei unserem gemeinsamen Vorhaben
nicht mitnehmen können. Deswegen haben wir eine kritische Haltung und werden da
auch kritisch darauf gucken, dass die Abwasser- und Brauchwassergebühren nicht so
steigen. 40 Prozent mehr ist für Menschen etwas. Es geht um ihren Geldbeutel. Ehrlich
gesagt, müssen wir da versuchen, sozial ausgewogener zu sein. Das zu negieren, das
streckt sich vielleicht bis 2035. Die Leute spüren es bei ihrer Rechnung und der, der wenig Geld im Geldbeutel hat, spürt es viel mehr als der, dem es gar nicht wehtut, der überhaupt
nicht mitbekommt, wenn sich auf seinem Konto etwas bewegt.

Letzter Punkt, es wäre vielleicht sinnvoll, wenn man viel früher begonnen hätte, aus den jetzigen Einnahmen Rücklagen zu bilden, um genau auf diese Szenarien vorbereitet zu sein. Da ist in der Vergangenheit auch etwas schiefgelaufen, das man da zu wenig
auf die hohe Kante gelegt hat, um jetzt handlungsfähiger zu sein.

(Zurufe)

Dafür sind Sie jetzt da?

(Zurufe)

Das glaube ich nicht.

(Zurufe)

Immerhin hören Sie mir zu, Herr Pürsün. Das ist ja schon einmal sehr erfreulich für mich,
dass Sie zu so später Stunde aufmerksam sind. Das ist gut. Das kann ruhig so bleiben.
Ich schließe jetzt auch damit, weil ich tatsächlich nichts mehr zum Thema Abwasser
sagen möchte. Aber die soziale Verantwortung muss auch bei diesem scheinbar nebensächlichen Thema gewahrt werden, weil es tatsächlich bei Gebühren immer auch um
die Lebensqualität von Menschen geht und es sich schließlich jeder in der Stadt auch
künftig leisten können muss, dass wir Schmutz- und Abwassergebühren haben, die
sozialverträglich sind und da, glaube ich, müssen wir nachjustieren.
Vielen Dank!
(Beifall)

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