Menschen ohne qualifizierte Ausbildung dürfen keine staatliche Gewalt ausüben!

6. Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung am 23. September 2021 – TOP 9 Freiwilliger Polizeidienst

Stadtverordnete Dominike Pauli, LINKE.:

Sehr geehrte Frau Stadtverordnetenvorsteherin,
sehr geehrte Damen und Herren!
Es ist Ihnen ja nicht fremd, dass die LINKEN. naturgemäß ein ziemlich kritisches Verhältnis zu staatlicher Gewalt hat. Das ergibt sich aus den zahlreichen Erfahrungen im Laufe der Geschichte. Nicht selten war es nämlich in der Vergangenheit der Fall, dass Polizeikräfte eingesetzt wurden, um gegen fortschrittliche Bewegungen, beispielsweise für das Wahlrecht für Frauen oder für die Rechte von Arbeiterinnen bis hin zu Demonstrationen gegen Atomkraft, gegen Wiederbewaffnung und gegen die Stationierung von Raketen, vorzugehen. Gleichzeitig kann man feststellen, dass bei rassistisch bedingten Ausschreitungen Polizeikräfte nicht immer, um es freundlich zu formulieren, mit ausreichender Intensität und Konsequenz reagiert haben und reagieren. Gerade weil wir dafür sind, dass das Gewaltmonopol des Staates ein wichtiger Bestandteil der Demokratie ist, fordern wir, dass staatliche Gewalt demokratisch kontrolliert werden muss und sich keinesfalls ein Staat im Staate entwickeln darf. Nicht zuletzt die rechtsradikalen Vorfälle in
der jüngsten Vergangenheit bei der hessischen Polizei machen deutlich, sollten es auch noch dem Letzten deutlich machen, wie wichtig eine kritische Beobachtung staatlicher Organe ist. Wer die staatliche Gewalt ausübt, muss unserer Meinung nach, und das haben auch einige meiner Vorrednerinnen und Vorredner bereits gesagt, sehr sehr gut ausgebildet sein. Er oder sie muss in der Lage sein, Anordnungen und Alltagsarbeit zu hinterfragen, eine demokratische Grundhaltung zu vertreten, interkulturell kompetent zu sein, in Belastungssituationen einen kühlen Kopf zu bewahren, Gefahrensituationen einzuschätzen und angemessen reagieren zu können. Das alles bedarf einer besonders guten Ausbildung, auch das wurde schon angesprochen. Die LINKE. hat sich zum Beispiel im Hessischen Landtag immer gegen den Sparkurs bei der Polizei gewandt, den Sie, meine
Damen und Herren von der CDU, mitgetragen haben. Die LINKE. hat immer dagegen protestiert, dass die Arbeitszeitausdehnung auf 42 Stunden bei den Kolleginnen und Kollegen von der Polizei stattfindet und dass die Besetzung freier Planstellen verschleppt wurde. All dies sind Dinge, gegen die sich die LINKE. positioniert hat, und es hätte der Polizei gutgetan, wenn ein anderer Kurs gefahren worden wäre. Als die CDU dann auf die Idee kam, ihre verfehlte Sicherheitspolitik auch in Frankfurt durch einen ehrenamtlichen
Polizeidienst zu kaschieren, haben wir auch dabei widersprochen. Menschen ohne qualifizierte Ausbildung dürfen keine staatliche Gewalt ausüben, zu groß ist die Gefahr von Willkür und Fehlverhalten. In einigen Ortsbeiräten wurde übrigens die Einführung damals mehrheitlich abgelehnt, und somit gab es diesen Dienst in Frankfurt nicht einmal in allen Stadtteilen. Wir begrüßen die Entscheidung der Koalition, dem jetzt insgesamt ein Ende zu setzen, und ich finde, das ist eine gute erste kommunalpolitische Entscheidung, im Gegensatz zu Ihnen, Herr Schäfer. Wir brauchen gut ausgebildete Polizistinnen und Polizisten in ausreichender Zahl bei guten Arbeitsbedingungen. Wir brauchen eine Polizei, die nicht die Kleinen hängt und die Großen laufen lässt. Wir brauchen den Dialog und demokratische Kontrolle, und das ist auch kein neues Ziel, denn dazu hat jemand schon vor sehr langer Zeit Folgendes gesagt: „Der Staatsdienst muss zum Nutzen derer geführt werden, die ihm anvertraut wurden, und nicht zum Nutzen derer, denen er anvertraut wurde.“ Das war Marcus Tullius Cicero vor 2.000 Jahren.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
(Beifall)

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