Kein Riedberg 2.0: Gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung im Nordwesten

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

Dem Magistratsvortrag M 169 vom 14.11.2025 „Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme Frankfurt Nordwest – Stadtteil der Quartiere – …“ wird mit folgenden Maßgaben zugestimmt:

1. Zunächst wird das „Lachgrabenquartier“ realisiert. Auf den größtenteils städtischen oder in öffentlicher Hand befindlichen Flächen und Grundstücken müssen dabei ausschließlich bezahlbare und geförderte Wohnungen geschaffen werden: Dabei werden 70 Prozent geförderter Wohnraum – jeweils zur Hälfte zum Preisniveau des Förderweg 1 und 2 – realisiert sowie 15 Prozent genossenschaftliches bzw. gemeinschaftliches Wohnen und 15 Prozent Wohnraum für Studierende und Azubis. Der Bau von Eigentumswohnungen oder Einfamilienhäusern ist ausgeschlossen. Öffentliche Grundstücke müssen dabei in öffentlicher Hand bleiben, indem sie durch die öffentlichen Wohnungsgesellschaften ABG Holding, die Nassauische Heimstätte, die GWH oder direkt durch die Stadt Frankfurt selbst entwickelt werden. Grundstücke, die sich noch in privater Hand befinden, sollen vor Beginn der Maßnahme angekauft werden. Hierfür tritt der Magistrat unmittelbar in Verhandlungen mit den Grundstückseigner:innen ein. Im Rahmen der städtebaulichen Entwicklungs-maßnahme sind die vorgenannten Vorgaben gegenüber den zukünftigen Erwerber:innen zivilrechtlich festzulegen.

2. Die soziale Stadtteil- und Verkehrs-Infrastruktur muss vor bzw. zeitgleich mit der Wohnbebauung geschaffen werden. Vor allem die Erschließung des Baugebietes durch Anbindung an die im Bau befindliche Bahnstrecke und die geplante U-Bahn-Erweiterung muss vor Abschluss der Baumaßnahmen erfolgen.

3. Die Entwicklung des Baugebiets „Frankfurt Nordwest – Stadtteil der Quartiere“ erfolgt stufenweise. Voraussetzung für die Planung und Entwicklung der Quartiere „Neu-Weststadt“ und „Produktives Praunheim“ ist die sorgfältige Evaluation des „Lachgrabenquartiers“ nach ökologischen, klimatischen und sozialen Kriterien – insbesondere bezüglich des Durchsatzes von klimafreundlichem und biodiversitätsförderndem Bauen, der sozialen Stadtteil- und Verkehrs-Infrastrukturversorgung, der Analyse der Luftströme in die Stadt, den Klimafolgen und den Auswirkungen der Bebauung auf die Artenvielfalt. Die Versiegelung von wertvollem Ackerboden im gesamten Areal ist auf ein notwendiges Minimum zu reduzieren. Eine Unterbrechung der wichtigen Kaltluftschneisen aus dem Taunus ist zu vermeiden. Ökologische Ausgleichsflächen müssen durch zusätzliche Entsiegelungsflächen realisiert werden und nicht durch Aufwertung bestehender Grünflächen.

4. Für die Entwicklung der Quartiere „Neu-Weststadt“ und „Produktives Praunheim“ gelten auf städtischen oder in öffentlicher Hand befindlichen Flächen und Grundstücken dieselben Vorgaben wie unter Punkt 1. Auf allen anderen Flächen wird im Rahmen der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme auf zivilrechtlichem Weg ein möglichst hohes Maß an gefördertem Wohnungsbau, an genossenschaftlichem bzw. gemeinschaftlichem Wohnungsbau sowie an Studierenden- und Auszubildendenwohnungen oberhalb des bauplangesicherten Baulandbeschlusses realisiert. Auch hier sollen keine Eigentumswohnungen oder Einfamilienhäuser entstehen.

Begründung:

Frankfurt verfügt nur über begrenzte Flächenressourcen, daher ist es von entscheidender Bedeutung, neue Baugebiete mit Bedacht zu entwickeln. Dabei ist ein Vorrang für den geförderten Wohnungsbau erforderlich. Zudem muss dringend benötigter günstiger Wohnraum für Studierende und Azubis geschaffen und alternative Wohnformen, wie genossenschaftliches Wohnen und gemeinschaftliches Wohnen, gefördert werden.

Die dramatische Wohnungsnot in Frankfurt erfordert einen Kurswechsel in der Bodenpolitik: Städtische Grundstücke müssen konsequent für die Schaffung von 100 Prozent bezahlbaren Wohnraum genutzt werden, da sie ein wichtiges Steuerungsinstrument gegen Spekulation und Verdrängung darstellen. Die bisherigen Quoten des Baulandbeschlusses sind nicht ausreichend, um den Bedarf an bezahlbarem und vor allem geförderten Wohnraum zu decken. Öffentlicher Boden darf nicht länger dazu genutzt werden, Profitinteressen zu bedienen oder Wohnraum für Besserverdienende zu realisieren, sondern muss der Daseinsvorsorge und dem Gemeinwohl dienen. Nur durch die ausnahmslose Zweckbindung städtischer Flächen für preisgebundenen, genossenschaftlichen, gemeinschaftlichen oder studentischen Wohnungsbau oder Wohnen für Auszubildende kann sich ein neuer Stadtteil zu einem sozial-ökologischen Vorzeigequartier entwickeln. Die Fehler der Vergangenheit dürfen dabei nicht wiederholt werden: Die Entwicklung neuer Stadtteile wie eines zweiten Europaviertels oder Riedbergs ist aus ökologischer und sozialer Sicht zu verhindern. Diese Stadtteile sind für Besserverdienende gedacht und tragen zur sozialen Spaltung der Stadt bei, anstatt bezahlbaren Wohnraum für die Mehrheit der Bevölkerung zu schaffen.

Bei der Entwicklung neuer Wohngebiete ist es unerlässlich, die Belange des Klima-, Wasser- und Naturschutzes angemessen zu berücksichtigen. Angesichts der sich verschärfenden Klimakrise müssen den vielfältigen ökologischen und klimatischen Aspekten ausreichend Bedeutung beigemessen werden. Daher ist eine stufenweise Entwicklung mit Priorisierung des Quartiers „Lachgrabenquartier“ notwendig. Die Entwicklung weiterer Quartiere kann erst dann in Betracht gezogen werden, wenn die Evaluation dieses Quartiers keine ökologischen und klimatischen Zweifel mehr zulässt. Die Anwendung von Konzeptverfahren zielt darauf ab, die Schaffung eines hohen Anteils an bezahlbarem Wohnraum zu ermöglichen.
Die Ausweisung neuer Baugebiete ist ausschließlich zulässig, wenn dem Bedarf entsprechend gebaut wird. Nur durch die konsequente Nutzung öffentlicher Flächen als Steuerungsinstrument für bezahlbaren Wohnraum kann die Verdrängung von Menschen mit niedrigem und mittlerem Einkommen verhindert werden. So lassen sich bessere Bedingungen für eine lebenswerte Stadt für alle schaffen.

Die Linke im Römer
Dominike Pauli und Michael Müller
Fraktionsvorsitzende

Antragstellende:

Stv. Ayse Dalhoff
Stv. Dominike Pauli
Stv. Daniela Mehler-Würzbach
Stv. Michael Müller
Stv. Monika Christann

 

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