Nulltarif prüfen wie in Groß-Gerau

Antrag der Fraktion DIE LINKE. im Römer

Vor dem Hintergrund der dringend anstehenden sozial-ökologischen Verkehrswende sind alle Maßnahmen zu prüfen, die umweltverträgliche Mobilität attraktiv machen. Damit eine nachhaltige Verbesserung der Lebensbedingungen für alle stattfinden kann, muss das Thema Verkehrswende regional und global gedacht werden. Deswegen sollte Frankfurt am Main dem guten Beispiel aus Groß-Gerau folgen und eine Machbarkeitsstudie zum Nulltarif beschließen. Der Wortlaut dieses Antrages wurde von SPD, Grünen und Linken in den Kreistag Groß Geraus eingebracht und mehrheitlich beschlossen.

Dies vorausgeschickt möge die Stadtverordnetenversammlung beschließen:

Der Magistrat der Stadt Frankfurt am Main bekennt sich neben den Zielen der ökologischen und ökonomischen Nachhaltigkeit insbesondere auch zu den Zielen der sozialen Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit bei der Weiterentwicklung des Mobilitätssystems im gesamten Stadtgebiet. Die kostenfreie Nutzung des Öffentlichen Personennahverkehrs wird dabei als geeignete Maßnahme angesehen, um gezielt soziale Exklusion zu verhindern sowie der Ungleichbehandlung der Bevölkerung, in Bezug auf Tarifangebote und entsprechende Regelungen zur Fahrgelderstattung/Freifahrt, entgegen wirken zu können.

Gleichzeitig muss die Herausforderung bewältigt werden, den öffentlichen Nahverkehr auszubauen und zukunftsfähig zu finanzieren. Hierfür sieht der Magistrat die Einführung eines Nulltarifs als Lösung an, die die Anforderungen der Verkehrswende mit sozialer Gerechtigkeit und einem stabilen Ausbau des ÖPNV verbindet. Hierzu sind geeignete Maßnahmen zu entwickeln, die, unter den bestehenden vertraglichen und strukturellen Rahmenbedingungen sowie bei überschaubarem finanziellem Aufwand, einen modellhaften Einstieg in den „Nulltarif“ für die Bürgerinnen und Bürger Frankfurts ermöglichen.

Der Magistrat wird gebeten, der Stadtverordnetenversammlung eine Konzeption über den modellhaften Einstieg in einen kostenfreien ÖPNV vorzulegen. Diese Konzeption ist in die bestehende Tarifgestaltung, die vertrieblichen Bestimmungen des Rhein-Main-Verkehrsverbundes sowie dessen Gemeinsamen Beförderungsbedingungen modular einzupassen. Damit kann die Kompensation von Einnahmenausfällen bzw. die Übernahme von Zahlungsverpflichtungen aus der Einnahmenaufteilung eindeutig quantifiziert werden und die einheitliche Umsetzbarkeit auf allen Bus und Bahnlinien im Stadtgebiet gewährleistet werden. Darüber hinaus sind die Kosten aus der entsprechenden Anpassung des Leistungsangebotes zu betrachten und die Möglichkeiten der Refinanzierung der Konzeption aufzuzeigen. Es ist zu prüfen, inwieweit die Konzeption in ein gemeinsames Pilotprojekt mit dem Rhein-Main-Verkehrsverbund überführt werden kann.

Begründung:

Auf Basis von Vereinbarungen zwischen dem Land Hessen und den Hessischen Verkehrsverbünden wurde mit der Weiterentwicklung der CleverCard zum „Schülerticket Hessen“ und mit der Einführung des „LandesTicket Hessen“ ein zielgerichteter Einstieg zur weiteren Förderung der umweltfreundlichen Mobilität und zur Steigerung der Attraktivität des ÖPNV auf den Weg gebracht. Diese Maßnahmen werden begleitet von einem Prozess der gezielten Absenkung von Fahrkartentarifen und der Ausweitung von zeitlichen und räumlichen Gültigkeiten. Dieser Prozess dokumentiert die politisch initiierte Abkehr vom Postulat der „Nutzerfinanzierung“ und die entsprechende Ausweitung der Co-Finanzierung durch die öffentliche Hand bzw. den sukzessiven Einstieg in einen durch Steuern und Umlagen finanzierten ÖPNV.

Um diesen Prozess erfolgreich fortsetzen zu können, bedarf es weiterer entsprechender Maßnahmen und Finanzierunginstrumente, damit das Ziel „Mobilität für alle“ näher rückt, zumal beispielsweise das neue Schülerticket weitere Fragen hinsichtlich des Grundsatzes der Gleichbehandlung in Bezug auf § 161 Hessisches Schulgesetz noch unbeantwortet lässt, bzw. diese Problematik weiter verschärft. Hier besteht die dringende Notwendigkeit neuer strategischer Ansätze um Veränderungen in den bestehenden Gesetzeslagen auf den Weg zu bringen. Aus dieser Sicht bietet der Ansatz des Landes, für seine 158.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine ÖPNV-Fahrtberechtigung im Rahmen tarifvertraglicher Regelungen zur landesweiten Nutzung kostenlos zur Verfügung zu stellen, die Grundlage weiterer strategischer Überlegungen in Bezug auf das langfristige Ziel, den Bürgerinnen und Bürgern in Frankfurt den Öffentlichen Personennahverkehr kostenfrei anbieten zu können. Diese Überlegungen werden auch getragen von den Forderungen der kommunalen Spitzenverbände über die Einführung gleichgearteter Tickets für die Beschäftigten der Städte und Kreise bzw. den neuen Ausprägungen der JobTickets mit verbundweiter Gültigkeit, die künftig allen JobTicket-Kunden angeboten werden soll. Modelle für Frankfurt können regionaler und personeller Art sein, z.B. Nulltarif im Stadtgebiet, für Jugendliche bis 25 Jahre, für Sozialleistungsbezieher*innen oder für Seniorinnen und Senioren.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Vereinfachung des Zugangs zur Mobilität und die Schaffung attraktiver Preise im Rahmen von Mischkalkulationen zum Vorteil einzelner Zielgruppen gereicht, aber das Leistungsangebot für die breite Masse der Bevölkerung weiterhin nur bedingt erschwinglich ist. Vor diesem Hintergrund besteht die Notwendigkeit, die Nutzung des Mobilitätssystems sozial gerechter und ökologischer zu gestalten. Der Einstieg in eine kostenfreie Nutzung des ÖPNV für die Bürgerinnen und Bürger Frankfurts bietet langfristig die Chance, die bestehenden Disparitäten aufzulösen und gleichermaßen die Akzeptanz der Bevölkerung für den ÖPNV deutlich zu erhöhen.

DIE LINKE. im Römer
Dominike Pauli und Martin Kliehm
Fraktionsvorsitzende

Antragstellende:
Stv. Astrid Buchheim
Stv. Ayse Dalhoff
Stv. Dominike Pauli
Stv. Eyup Yilmaz
Stv. Martin Kliehm
Stv. Merve Ayyildiz
Stv. Michael Müller
Stv. Pearl Hahn

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