Der Flaschenhals der uns bevorstehenden Wenden in der Klimaanpassung ist der Wissenstransfer in die Breite

Rede während der 30. Plenarsitzung am 21. März 2024

Stadtverordnete Dr. Daniela Mehler-Würzbach, Linke:

 

Sehr geehrte Frau Vorsitzende,

werte Kolleg:innen!

 

Ich muss zugeben, ich musste etwas lachen, als ich die Frage von Herrn Edelmann zunächst las. Als der Antrag der Koalition vom September 2023 unter dem Titel „Fachkräfte sichern für Klimaschutz und Energiewende“ in den Ausschuss für Klima- und Umweltschutz kam, erklärte die zuständige Dezernentin Rosemarie Heilig, dass sie die falsche Adressatin sei. Die Bildungsdezernentin hat zwischenzeitlich einen Bericht, B 84, rausgegeben, der ist länglich und – wie ich finde – inhaltlich ein bisschen dünn. Natürlich sei die Stadt im Austausch mit den Unternehmen und Arbeitergeber:innen, die Projekte des Masterplans Industrie auf dem Handlungsfeld Arbeit und Qualifizierung sollten – das wichtige Wort „sollten“ – weiter ausgebaut und dezernatsübergreifend in die Umsetzung überführt werden. Die Planung zum Campus für berufliche Bildung sollen – auch „sollen“ – natürlich ganz toll werden. Der Magistrat will sich weiterhin in seinen kommunalen Vertretungsorganen einbringen. Die Hochschulen sollten in die Gestaltung des Ausbildungsmarktes miteinbezogen werden.

Interessanterweise erwähnen weder Koalition noch Magistrat das Thema Weiterbildung. Der Flaschenhals der uns bevorstehenden Wenden in der Klimaanpassung ist natürlich der Wissenstransfer in die Breite und hier braucht es auch Quick Fixes. Nun erklärt uns Frau Wüst – ehrlich gesagt, ein bisschen statistisch-: Das und das gibt es und es gibt auch Beratungen und Förderungen für Start‑ups, und wenn sie Büros brauchen, ein bisschen Geld hier und da – das Ãœbliche halt. Aber so richtig scheinen die Dimensionen des Problems noch nicht erkannt zu sein. Auch die unterschiedlichen Zuständigkeiten der Dezernate zeigen: Sie haben die strategische Zielrichtung des Themas noch nicht gemeinsam begriffen. Ich glaube ein bisschen, dass Herr Edelmann vielleicht mit seiner Frage auf genau dieses Problem anspielen könnte. Die Frage dabei ist nämlich: Wer treibt denn hier die Veränderung an, die wir für den Arbeitsmarkt brauchen? Welche Rolle nimmt die Stadt hierbei ein? Wie sortiert sich der Magistrat dabei? Schaffen die verschiedenen Akteur:innen es, an einem Strang zu ziehen? Die Stadt sollte ein genuines Eigeninteresse haben, um angesichts der Klimakatastrophe die notwendigen Maßnahmen auch umsetzen zu können. Ich fand es auch interessant, dass Herr Edelmann hier ausgerechnet nach ENVIRIA fragt, denn dieses Beispiel zeigt sehr gut, dass sich das globale Kapital attraktive Investitionsmöglichkeiten sucht, weil die Installationen von Solarmodulen und der Nachholbedarf, den wir hier ganz ohne Frage haben, als großes Potenzial gesehen werden, konnte in einer aktuellen Finanzierungsrunde mehr als 200 Millionen US‑Dollar vom weltgrößten Vermögensverwalter BlackRock sammeln. Gleichzeitig steht uns in Deutschland gerade der zweite Zusammenbruch der deutschen Solarindustrie binnen zehn Jahren bevor. Der Hype bei Solarpaneelen lässt in China die Kassen mit Discountpreisen klingeln, die teilweise nur halb so hoch sind wie die der europäischen und deutschen Produkte. Die Bundesregierung betreibt in der Frage Arbeitsverweigerung. Finanzminister Lindner lehnt Subventionen ab. Es gibt weiterhin keine Entscheidung über politische Unterstützungsmaßnahmen zur Behebung der aktuellen Marktverzerrung und Dumpingpreisen bei Solarmodulen. Wir müssen ganz klar über die politische Strategie und die Rahmenbedingungen sprechen, und zwar auf Bundesebene, Landesebene, kommunaler.

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