Die Sprache der AfD ist nicht nur Frauen- und Diversediskriminierend, sie tötet, sie ist enthemmt und verroht

34. Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung am 27. Juni 2019

Tagesordnungspunkt 8: Aufruf gegen „Gender-Unfug“

Stadtverordnetenvorsteher Stephan Siegler

Vielen Dank, Frau David! Die nächste Wortmeldung ist von Frau Christann von der LINKEN.-Fraktion. Sie haben noch fünf Minuten und dreißig Sekunden Restredezeit. Bitte schön!

Stadtverordnete Monika Christann, LINKE.:

Sehr geehrter Herr Vorsteher,

geehrte Stadtverordnete!

Mit dem Antrag NR 789 verfolgt die AfD eine ihrer grundlegenden Ideologien, die sie in ihrem Grundsatzprogramm sehr deutlich gemacht hat. Die AfD möchte Frauen eine Rolle zuweisen, die vor ein bis zwei Jahrhunderten vielleicht üblich war, aber glücklicherweise größtenteils überwunden werden konnte. Sprache dient als sozialer Platzanweiser, weist also den Geschlechtern bestimmte Rollen zu. Was nicht benannt wird, wird nicht wahrgenommen. Und da die AfD wieder zu ausschließlich männlicher Sprache zurück möchte, ist die Intention klar. Frauen sollen wieder zurück in die Küche und vielleicht Gebährpflicht haben. Nur dafür wird ihnen eine Bedeutung zugewiesen.

Die AfD hat sich mit ihrem Antrag ein Eigentor geschossen, weil damit ihre niederen Beweggründe sehr deutlich werden. Als Sprachwissenschaftlerin sage ich, dass Sprache Realität abbildet. Sprache passt sich an die Veränderung in der Gesellschaft an. Sprache verändert aber auch umgekehrt die Gesellschaft. Die Sprache der AfD ist nicht nur Frauen und Diversediskriminierend, sie tötet, sie ist enthemmt und verroht, kennt keine Menschlichkeit, verführt schwache Menschen ganz im Sinne eines nationalsozialistischen Führers und bereitet den Nährboden für Gewalt und das Töten Andersdenkender.

(Zurufe, Beifall)

Sie und die rechten Parteien beziehungsweise die rechten Typen sind mit ihrer Sprache dafür verantwortlich, dass immer mehr Menschen sich aufgefordert fühlen, ihnen missliebige Menschen einfach zu töten, siehe die Ermordung Walter Lübckes. Sie erfreuen sich in den sozialen Medien an feigen Tötungen. Beim Auftakt des Landtagswahlkampfs in Hanau am 20. Juli 2018, ja, ausgerechnet und sicher ganz bewusst am 20. Juli, haben sie mit einem Plakat geworben mit dem Titel: „Widerstand heute – von Graf Stauffenberg bis zum Artikel 20 Absatz 4 Grundgesetz“. An diesem Tag wurde übrigens von zwei Männern – und soviel ich weiß, sind das Mitglieder oder zumindest Sympathisanten der AfD – ein Ordner der Gewerkschaft bei der Gegendemonstration am helllichten Tag hinterrücks angegriffen und bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt, um ihn umzubringen.

(Zurufe)

Nur weil andere Gegendemonstranten dazwischen gingen, gelang dies nicht. Die Reaktion ist sehr bezeichnend. Zurück zum Artikel 20 Absatz vier Grundgesetz. Ein gutes Beispiel für eine Umdeutung durch die AfD, die damit wirbt. Spätestens hier wird klar, dass die Partei indirekt zu einem Umsturz auffordert. Und natürlich fühlen sich viele Idioten damit aufgefordert und legitimiert, genau das zu tun. Wenn man die Zeitung aufmerksam liest, gibt es viele Hinweise, dass zurzeit genau das vorbereitet wird. Man muss wissen, dass der vierte Absatz des Artikels 20 Grundgesetz, bei dem es um Widerstand geht, nicht 1949 geschrieben, sondern erst 1968 im Zuge der umstrittenen und umkämpften Notstandsgesetzgebung eingefügt wurde. Etliche Staatsrechtler diskutieren, dass der Absatz 4 geeignet ist, einen Tyrannenmord zu legitimieren. Wann aber ist Widerstand gegen den Staat überhaupt legitim? Doch höchstens dann, und nur dann, wenn keine demokratischen Möglichkeiten mehr vorhanden sind. Die AfD zitiert in der Begründung des Antrags NR 789 Menschen, die meinen, es sei Widerstand gegen die geschlechtergerechte Sprache nötig. Anderseits zitiert sie das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, das die Existenz diverser Geschlechter festgestellt hat und gefordert hat, dass sich dies auch in der Sprache wiederspiegeln müsse. Aber sie fordert dazu auf, das Urteil eines unserer höchsten demokratischen Organe zu missachten und eben Widerstand zu leisten. Dies ist für mich ein erneuter Beweis, dass die AfD und die AfD-Abgeordneten nicht demokratiefähig sind.

(Beifall, Zurufe)

Nein, das sage ich.

Mit der Sprache fängt es an, und wir werden nicht zulassen, dass eine weltoffene, demokratische und geschlechtergerechte Welt von Nazis verhindert werden soll.

(Beifall)

Unsere Botschaft lautet: Wir verteidigen eine demokratische, soziale und freiheitliche Gesellschaft, in der verschiedenste Menschen einen gleichwertigen Platz finden.

(Beifall)

Hier können Sie die Rede als PDF-Datei herunterladen.

Dieser Beitrag wurde unter Monika Christann veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.
Nach oben