Für eine an den Interessen des Ortsbezirks orientierte und regionalverträgliche Weiterentwicklung des Hessen-Centers

Der Ortsbeirat möge beschließen:

Der Ortsbeirat beschließt, einer „Modernisierung“ bzw. maßvollen Erweiterung des Hessen-Centers nur zuzustimmen, wenn die folgenden fünf Punkte mit dem Projekt-entwickler (ECE) vertraglich vereinbart werden.

  1. Alle „städtebaulichen Verträge“ (d.h. bereits bestehende und neu zu verhandelnde) werden ausnahmslos und vollständig offen gelegt und allen Mitgliedern des Ortsbeirates 16 zur Verfügung gestellt.
  2. Die Firma ECE übernimmt eine Rückbauverpflichtung für das gesamte Areal des Hessen-Centers. Deren Umsetzung beginnt spätestens 12 Monate nach Einstellung des Geschäftsbetriebes. Die Stadt Frankfurt ist im Verzugsfall zu einer Ersatz-vornahme berechtigt und stellt die verauslagten Kosten mit einem Zinssatz von 5% p.A. dem Projektträger in Rechnung.
  3. Die Firma ECE verpflichtet sich, über den jetzigen Bestand hinaus, keine neuen Mieter anzuwerben, deren Warenangebot in der „Frankfurter Sortimentsliste“ (Anlage zu Magistratsvortrag M 21 v. 13.01.12) als „nahversorgungsrelevant“ gekennzeichnet sind. Das derzeitige Angebot dieser Warengruppe darf also zukünftig weder erweitert, noch überschritten werden.
  4. Das fällige „Verträglichkeitsgutachten“ wird auf Kosten der ECE zusätzlich von einer ausgewiesenen Fachkraft des „Deutschen Instituts für Urbanistik“ auf seine Güte und Werthaltigkeit hin beurteilt. Das Stadtplanungsamt wird aufgefordert, die ihm in Abs.3 §34 BauGB an die Hand gegebenen bauplanungsrechtlichen Maßnahmen zur Sicherung der Daseinsvorsorge voll zu nutzen.
  5. Die Firma ECE schreibt für die Rekonstruktion bzw. Erweiterung des Gesamtareals einen Architektenwettbewerb aus, der das vordringliche Ziel hat, die derzeitige „Zitadellen-Struktur“ des Hessen-Centers, d.h. seine vorsätzliche und unzeitgemäße Abgeschlossenheit gegenüber der natürlichen und gebauten Umwelt zu überwinden.

Ãœber die vorstehenden Punkte hinaus, würde es der Ortsbeirat 16 begrüßen, wenn sich ECE und der Magistrat unserer Stadt darauf einigen könnten, dass ECE auf der „überständigen“ Grundfläche mindestens 100 Wohnungen in Geschossbauweise erstellt, von denen 50% als „echte“ Sozialwohnungen, d,h, dem ersten Förderweg zugehörig ausgewiesen werden. Hier könnte das Nordwestzentrum von Josef Buchmann zum Vorbild werden.

Begründung:

zu 1.

Der Ortsbeirat wird und bleibt nur handlungs- und kontrollfähig, wenn zumindest ihm die wechselseitig eingegangenen Rechtsverpflichtungen zwischen ECE und Stadt vollumfänglich bekannt sind.

zu 2.

Nicht nur ein Blick in die USA, sondern auch in andere Landesteile der Republik, zeigt bereits die begrenzte „Halbwertzeit“ von Einkaufszentren und Shopping-Malls.

Einerseits limitiert die rasante Entwicklung des Online-Handels das zukünftige Verbraucherinteresse. Andererseits führt die extensive Ausweitung von Einzel-handelsflächen bereits heute zur „Kannibalisierung“ der Anbieter, d.h., man macht sich wechselseitig den begrenzten Käuferstrom streitig.

Ohne Rückbauverpflichtung verhindern die dann brachliegenden Ruinen überdimen-sionierter Handelszentren, häufig auf Jahrzehnte hinaus, die Umwidmung bzw Wiederverwertung städtebaulich wichtiger Areale. Bei der gegebenen Flächenknapp-heit kann sich die Stadt Frankfurt solch mangelnden Weitblick nicht leisten.

zu 3.

Die im Einzelhandelskonzept der Stadt verankerte und damit auch im Regionalplan ausgewiesene „Frankfurter Sortimentsliste“ gliedert die gesamte Warenproduktion in einzelne Gruppen und weist diese bestimmten Angebotsschwerpunkten zu.

Ein kleines Sortiment (Waren des täglichen Bedarfs, Lebensmittel, pharmazeutische Produkte u.a.) wird dabei als „nahversorgungsrelevant“ ausgewiesen. Das Angebot dieser Warengruppe soll im „neuen“ Hessen-Center nicht erweitert werden, sondern den Stadtteilen vorbehalten bleiben.

zu 4.

Das „Deutsche Institut für Urbanistik“ (DIfU) wird vom Bund, dem Land Berlin, mehr als 100 deutschen Städten, sowie zahlreichen Regional- und Umlandverbänden, sowie Planungsgemeinschaften getragen. Es hat festgestellt, dass, obwohl bei den (meist von den Investoren bestellten und bezahlten) „Verträglichkeitsgutachten“ eben diese attestiert wurde, sich die Ansiedlung der entsprechenden Einkaufszentren für den innerstädtischen Einzelhandel als verheerend herausstellte. Das DIfU geht deshalb von der Existenz zahlreicher „Gefälligkeitsgutachten“ aus und hat eigene Prüfkriterien für eine sachgerechte Begutachtung entwickelt.

zu 5.

Dabei geht es nicht um „Gefälligkeit“ oder „Geschmack“, sondern um fachlich gute oder schlechte Architektur. Die aktuelle Gestaltung des Hessen-Centers ist nicht nur einfallslos und billig, sondern sie ignoriert konsequent das Umfeld und ist einzig auf eine optimale Ausnutzung des Innenraums konzentriert. Ein weiterer in sich selbst verschlossener Monolith ist dem Stadtteil nicht zumutbar.

Antragsteller:

Rainer Lehmann / DIE LINKE

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