Bezahlbarer Wohnraum auf dem KWU-Gelände in Offenbach

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

  1. Die Stadt Frankfurt erwirbt das KWU-Gelände am Offenbacher Kaiserlei über die städtische Wohnungsgesellschaft ABG Holding, um dort bezahlbaren Wohnraum zu realisieren.
  2. Die ABG Holding realisiert künftig auf dieser Liegenschaft mindestens 60 Prozent geförderten Wohnraum, davon 40 Prozent Wohnungen des Förderweg 1 und 20 Prozent Wohnungen des Förderweg 2. Darüber hinaus stellt sie mindestens 15 Prozent studentischen Wohnraum fertig. Darüber hinaus werden Wohnungen für Housing First geschaffen.
  3. Der Erhalt, Sanierung und Umbau des jetzigen Hochhausgerippes wird durch geeignete Maßnahmen umgesetzt, um einen Abriss zu verhindern. Ein Abriss aus wirtschaftlichen Gründen ist ausgeschlossen.

Begründung:

Seit 2004 stehen die Hochhaustürme auf dem ehemaligen Gelände der Kraftwerksunion KWU am Offenbacher Kaiserlei als Industrie-Ruine leer, mehrfach haben sich die Besitzverhältnisse geändert. Da es sich um eine Tochterfirma der Siemens AG handelt, werden sie umgangssprachlich auch KWU-Türme oder Siemens-Türme genannt. 2015 verfolgte die CG Gruppe Pläne, ein neues Stadtquartier namens Vitopia Campus Kaiserlei zu entwickeln und die Hochhäuser zu 835 Mietwohnungen, Büros und einer Kita umzubauen. Die CG Gruppe war eine Immobilienentwicklungsgesellschaft mit Sitz in Berlin und ist 2020 vollständig in der Consus Real Estate aufgegangen, die mittlerweile zur Luxemburger Adler Group gehört. Außer der Grundsteinlegung im Herbst 2018 ist kaum etwas auf dem Gelände passiert: Seit 2022 stehen die Baukräne still und die Betonskelette verfallen zunehmend. Die in eine finanzielle Schieflage geratene Eigentümerin, die Adler Group, ist dabei maßgeblich für die Bauruine verantwortlich. Gegen diese gibt es seit 2021 Vorwürfe der Bilanzfälschung und Veruntreuung. Der jahrelange Stillstand ist Ergebnis von Immobilienspekulation und Profitmaximierung.

Auch der Hamburger Projektentwickler Becken, der Pläne für den Bau von rund 1.000 bis 1.500 Studierendenwohnungen verfolgte, hat sich im Winter 2024 aus dem Projekt zurückgezogen. Er nahm damit vom Rücktrittsrecht Gebrauch, das bis Ende 2024 galt. Zur gleichen Zeit bekundete die städtische Wohnungsgesellschaft ABG Holding (ABG) der Stadt Frankfurt Interesse an der Liegenschaft. Dass eine öffentliche Wohnungsakteurin mit sozialem Auftrag das Projekt übernehmen will, ist begrüßenswert.

Momentan unterscheidet sich ihr Vorgehen jedoch kaum von dem einer privaten Wohnungsakteurin. Die ABG plant aus „wirtschaftlichen Gründen“[1] den klimaschädlichen Abriss des Hochhausgerippes und den Neubau von vier Wohnhochhäusern. Eine für den 8. Mai 2025 anberaumte Sitzung des Gestaltungsbeirats, eines Gremiums zur Beratung künftiger Bauprojekte von „besonderer Bedeutung für das Stadtbild“, wurde kurzfristig abgesagt. Streitpunkt waren die Förderquoten für den sozialen Wohnungsbau. Die ABG will deutlich weniger geförderte Wohnungen bauen als vorgeschrieben. Im Bebauungsplan sind 30 Prozent geförderter Wohnraum vorgesehen, doch die ABG will nur 12,4 Prozent umsetzen[2]. Dies entspricht einer Unterschreitung der vorgegebenen Quote um 60 Prozent.

Zudem ist für studentisches Wohnungen lediglich knapp 8 Prozent geplant, was deutlich unter den Erfordernissen aufgrund der Wohnungsnot Studierender liegt.

Eigentlich hat sich die ABG selbst eine viele höhere Quote für Neubauprojekte auferlegt: Mit sogar 40 Prozent gefördertem Wohnen will sie eigentlich höhere Quoten für Neubauprojekte umsetzen als in den meisten Bebauungsplänen in der Region festgelegt[3]. Im September 2023 hatte die Römerkoalition aus Grünen, SPD, FDP und Volt sogar einen Antrag mit der Forderung gestellt, künftig die Förderquote auf 60 Prozent zu erhöhen.[4] Das zeigt: Die ABG bleibt weiter hinter dem eigenen Anspruch zurück und vernachlässigt ihre soziale Verantwortung bei der Schaffung bezahlbarer Wohnungen, zu der sie verpflichtet ist.

Angesichts des eklatanten Mangels an bezahlbarem Wohnraum in Frankfurt und Offenbach muss die Einhaltung der Förderquote nicht als Empfehlung, sondern als Richtschnur betrachtet werden. Eine Unterschreitung ist daher völlig inakzeptabel. Die ABG steht wirtschaftlich sehr gut da und hat im Jahr 2023 Gewinne in Höhe von 83,2 Mio. Euro erwirtschaftet. Die ABG muss der Spirale aus Leerstand und Verfall auf dem ehemaligen KWU-Gelände ein Ende setzen, deutlich mehr bezahlbare Wohnungen schaffen und einen Umbau vorantreiben.

Die Linke im Römer
Dominike Pauli und Michael Müller
Fraktionsvorsitzende

Antragstellende:

Stv. Ayse Dalhoff
Stv. Dominike Pauli
Stv. Daniela Mehler-Würzbach
Stv. Michael Müller
Stv. Monika Christann

[1] https://www.op-online.de/offenbach/fuer-kwu-neuer-interessent-933+93970.html

[2] https://www.op-online.de/offenbach/foerderquote-bauvorhaben-in-offenbach-streitfrage-93673634.html

[3] https://www.journal-frankfurt.de/journal_news/Wohnen-in-Frankfurt-58/ABG-Frankfurt-Holding-steigert-Anteil-an-Sozialbau-40-Prozent-mehr-gefoerderter-Wohnungen-27798.html

[4] https://www.stvv.frankfurt.de/download/NR_768_2023.pdf

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