Seien Sie sich dessen gewiss: Es ist noch nicht vorbei. Denn Klimaschutz bleibt Handarbeit!

16. Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung am 20. Oktober 2022

 

Stadtverordnete Dr. Daniela Mehler-Würzbach, LINKE.:

 

Werte Frau Vorsteherin,

werte Kolleginnen und Kollegen!

 

Die Zeit für den Fechenheimer Wald tickt. Ab 01.11. darf hier nach Planfeststellungsbeschluss gerodet werden. Wir haben in der letzten Plenarsitzung über ein Rodungsmoratorium gesprochen. Danach sandten die GRÜNEN einen offenen Brief an die Bundesebene und sorgten an unterschiedlichen Stellen für Irritationen. Einige hatten vielleicht naiverweise die Hoffnung, dass es nicht nur bei dieser leeren Symbolpolitik bleibt, sondern dieser offene Brief als Blaupause für einen erneuten dringlichen Antrag hätte dienen können, um seitens der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung ein deutliches Zeichen der Ablehnung des Autobahnausbaus an die Bundesregierung mitsamt des Verkehrsministeriums zu senden.

 

Angesichts der Klimakrise und der Frankfurter Klimaziele ist jetzt Zeit zu handeln. Liebe Koalition, es wird notwendig sein, Fragen des Klimaschutzes über die immer wieder ins Feld geführte Koalitionsdisziplin und Vertragstreue zu stellen, insbesondere wenn es um die möglichst geräuschlose Umsetzung von Großprojekten aus dem fossilen Zeitalter geht. Die GRÜNEN sind in der Stadt, im Land und im Bund in der Regierung, und sie stehen nun vor einer Richtungsentscheidung darüber, wofür sie stehen, für das Aus von Lützerath, für die Rodung des Fechers, für ein Autobahnprojekt aus dem lezten Jahrhundert? Und die SPD: Fragen Sie einmal Ihre Jugendorganisation, was die sagt.

 

Werte Kolleginnen und Kollegen, Sie alle haben nicht nur die vorliegende fraktionsübergreifende Anregung des Ortsbeirates 11 zur Kenntnis genommen, auch die Schreiben aus dem Riederwald vom Demokratiekreis Riederwald, von der Bürgerinitiative Riederwald haben Sie erreicht. Die Bürgerinitiativen haben noch einmal deutlich gemacht, dass sie nicht infrage stellen, dass die Verwaltung die beschlossenen Maßnahmen umsetzen muss. Allerdings müsse das Umweltrecht eingehalten werden, und dies betrifft natürlich den Schutz seltener Tiere und die Anwendung des Bundesverfassungsgerichtsurteils zur Ãœberprüfung der Projekte des Bundesverkehrswegeplans auf Klimaverträglichkeit. Denn Fragen der Vereinbarkeit mit den Klimazielen stellen sich ganz offensichtlich, und die stellen sich auch für die Erreichung der Frankfurter Klimaziele.

 

Ein Moratorium gäbe uns die Chance, mit einem Zeitaufschub dieses Projekt auf seine Sinnhaftigkeit und Klimaverträglichkeit zu überprüfen. Deswegen wäre es wichtig, sich hier klar zu positionieren, denn die Uhr tickt. Die Autobahn GmbH hat es eilig und ließ gestern verlauten, wie sie weiter vorgehen will. Sie arbeiten alles ab. Als Reaktion auf neue Sachverhalte begutachten nun bezahlte Gutachter. Wenn man Heldbockkäfer finde, könne man die sicherlich absammeln und woanders hinbringen. Über die Bechsteinfledermaus wird noch kein Wort verloren. Dann soll das Protestcamp geräumt, die Schneise gerodet und der Bau begonnen werden. Es sei ja nur ein kleiner Bereich. Ist Ihnen eigentlich klar, dass dieser Bereich nur für eine Baustraße gerodet werden soll?

 

Mir ist es wichtig, hier auch noch kurz ein persönliches Wort an den Stadtverordneten Dr. Schulz zu richten. Dass verkehrspolitisch engagierte Umweltverbände und Bürgerinitiativen, die sich für die Beachtung des Staatszieles „Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen“ aussprechen – das hat in Deutschland übrigens Verfassungsrang -, von Ihnen im Ausschuss für Mobilität und Smart‑City verunglimpft und auf eine Stufe mit Querdenkerinnen und Querdenkern sowie Reichsbürgerinnen und Reichsbürgern gestellt werden, ist unsäglich. Das verdient eine offizielle Zurückweisung vonseiten der Stadtverordnetenversammlung.

(Beifall)

Ich möchte den Aktivistinnen und Aktivisten für ihr jahre- und oft jahrzehntelanges Engagement danken. Danken möchte ich auch den Menschen, die seit über einem Jahr im Fechenheimer Wald leben, ihre Zeit und ihr Leben dafür geben, um uns aufzuwecken. Sie kämpfen für uns alle und sie wissen genau, im Kampf gegen die Klimakatastrophe läuft uns die Zeit davon. Die Aktivistinnen und Aktivisten und die Baumbesetzenden sind noch da, der Wald ist noch da und wir sind noch da. Auch die Mahnwache und die Protestaktion heute auf dem Paulsplatz hat deutlich gemacht, die geben keine Ruhe. Noch ist kein Baum gefallen. Seien Sie sich dessen gewiss: Es ist noch nicht vorbei. Denn Klimaschutz bleibt Handarbeit.

 

Danke!

 

(Beifall)

 

 

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