Fraktionsvorsitzende Dominike Pauli zum Misstrauensantrag gegen OB Peter Feldmann

Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher,

Sehr geehrte Damen und Herren,

heute erleben wir den zwischenzeitlichen Höhepunkt einer Kampagne gegen den sozialdemokratischen Oberbürgermeister.

Da ist die LINKE nicht dabei und ich will Ihnen begründen warum.

Seit längerem ist Peter Feldmann wegen des Vorwurfs der Korruption Gegenstand staatsanwaltlicher Ermittlungen. Die Vorwürfe in diesem Zusammenhang sind seit Jahren die gleichen, sie wiegen schwer  und vor kurzem wurde das Verfahren eröffnet. Aber bewiesen ist noch nichts. Und solange das so ist, gilt für ihn, wie für jeden anderen auch, die Unschuldsvermutung.

Weil  hier aber der Beschuldigte ein sehr prominenter Politiker ist, wird darüber in den Medien, besonders in den so genannt sozialen, ausgiebig und oft auch ziemlich reißerisch berichtet. Dazu kommen entsprechende Postings, Stellungnahmen und so weiter aus der so genannten Stadtgesellschaft, vor allem der politischen, auch aus diesem Haus. Weder die letzte noch die aktuelle Koalition ist gut mit diesem OB ausgekommen und er mit den Koalitionen auch nicht. Es gab immer wieder auch für die Öffentlichkeit sichtbar diverse Reibereien, Krach, Eifersüchteleien usw.

In diese Melange  fließt vieles ein: unterschiedliche Interessenslagen, alte Rechnungen, Kränkung und Wut auf allen Seiten und von Seiten des OBs auch noch schlechtes  Kommunikationsverhalten. Und insgesamt natürlich politisch motivierte niedrige Beweggründe. Die SPD meint, ihre Chancen ohne Feldmann zu verbessern , die Grünen glauben mit dem aktuellen Hyype gewinnen zu können und die CDU ist der Ansicht mehr als noch mal verlieren könne sie nicht und Teile der FDP fühlt sich endlich mal wieder wichtig, nicht wahr, Herr Pürsün?

Aber, ich betone es noch einmal: Es ist noch nichts bewiesen.

Dazu kam dann Peter Feldmanns missratenes Verhalten während des Empfangs der Eintracht. Das mit dem Pokal kommentiere ich nicht weiter: wie sich Fans in seiner Nähe verhalten ist rational nicht zu erklären. Auf dem Weg in den Römer versuchen viele ihn zu berühren, zu küssen, zu halten etc. Natürlich sollte ein Oberbürgermeister ein Gespür dafür haben, was er tut oder besser läßt und wie er sich benimmt. Aber, wie schon oft gesagt, peinlich waren viele schon vor ihm. Das ist kein Grund für eine Abwahl.

Im Gegensatz dazu ist sein Verhalten im Flugzeug, seine sexistische Äußerung dem  Bordpersonal gegenüber inakzeptabel. Er hat sich dafür entschuldigt, wie ich hoffe auch bei den Flugbegleiterinnen und Begleitern direkt. Aber als  Grund zur Abwahl auch das nicht ausreichend. Korruption würde das rechtfertigen, sogar fordern, aber dazu braucht es eben das Urteil des Gerichts. Das wissen alle hier im Haus.

Meine Damen und Herren von der SPD, erklären Sie mir mal, warum Sie einem sozialdemokratischen Oberbürgermeister, gegen den zwar ein Verfahren läuft, dem noch nichts nachgewiesen wurde, der aber , anders als seine Vorgängerin, die lieber Kaffee mit Bankern trank als in Sachsenhausen fluglärmgeschädigte MieterInnen zu besuchen,  also einem OB der die zentralen sozialen Fragen in den Mittelpunkt stellt, voreilig ihr Mißtrauen aussprechen und tatkräftig bei  seiner Abwahl helfen wollen?

Für Sie, meine Damen und Herren von den Grünen ist das etwas klarer, haben Sie doch, nach eigenen Aussagen, das Soziale als nachrangig eingestuft.

Meine Damen und Herren, wären Sie an den vom DGB geforderten Kriterien der „Sachlichkeit, Verhältnismäßigkeit und Rechtsstaatlichkeit“ orientiert, hätten Sie gewartet, bis ein Urteil gesprochen ist und dann entsprechende Entscheidungen getroffen. Und sollte die Schuld gerichtlich festgestellt werden, das sage ich hier ganz deutlich, würden auch wir einen Abwahlantrag unterstützen.

Leider aber haben Sie sich von dem leiten lassen, was ich eingangs beschrieben habe und das Ganze ist zu einer Schlammschlacht geworden, deren Tiefpunkt in der anonymen üblen Plakatkampagne zu finden war. Und Sie haben, alle aus den unterschiedlichsten Gründen,  sich dazu verleiten lassen, weil Ihnen ein Oberbürgermeister, der bei den Punkten Kritik der Automobilindustrie, offene Arme für Geflüchtete, Kostenloses Kita-Jahr, Kampf gegen rechts, Mietendeckel bei der ABG Holding, bezahlbare Fahrpreise und das kostenlose Schwimmbad   mitgeholfen hat, wichtige Verbesserungen für die Menschen in dieser Stadt durch zu boxen, unbequem ist, er stört Sie, er nervt Sie.

Aber das  sind die Themen, die uns wichtig sind und mit dieser Einschätzung gehen wir mit den Gewerkschaften konform. Und deshalb weisen wir auch deutlich darauf hin, dass es den meisten von Ihnen nur vordergründig um die Person geht aber vor allem sollen seine Positionen verdrängt werden.

Meine Damen und Herren, machttaktische Spielchen müssen sie schon ohne uns Linke betreiben. Für uns gilt, bei aller Kritik am Verhalten Peter Feldmanns, der Rechtsstaatlichkeit Genüge zu tun, und zu warten, bis ein Urteil ergangen ist und es gilt  Vorfahrt für Soziales gegen die Spaltung der Stadt.

Und deshalb ein Wort auch an Sie, Herr Feldmann. Sie sollten sich ernsthaft fragen, ob Sie nach wie vor die wichtigen sozialen Themen noch vertreten können, ob Sie noch etwas erreichen können oder ob Sie überfordert sind.

Sie, Damen und Herren Stadtverordnete, reklamieren, daß  der Rücktritt/die Abwahl von OB Feldmann Schaden von dieser Stadt abwenden würde. Sicher ist Frankfurt im Moment wegen der Ereignisse auch Ziel von Gespött. Aber ich bitte Sie, wenn ich an  Schäden für diese Stadt denke, dann gibt es ganz andere Dimensionen. Ein riesiger  Schaden bedeutet  für diese Stadt, die Milliarden Verlust an Gewerbsteuer seit der Senkung im Jahr 2007. Da kommen rund 2 Milliarden Euro zusammen. Mit denen man viel Schaden in Bildung, bei kommunalen Einrichtungen, sozialen TrägerInnen, Arbeitsbedingungen von Beschäftigten etc. hätte abwenden können. Schaden bedeutet auch die Tatsache, dass z.B. laut Ihrem eigenen Segregationsbericht Alleinerziehende in dieser Stadt im Abseits stehen. Schaden entsteht, durch unzureichenden bezahlbaren Wohnungsbau, den viel zu schleppenden Ausbau des ÖPNV, fehlender kommunaler Beschäftigungspolitik usw.

Wenn Sie sich um diese Schäden mit der gleichen Energie kümmern würden wäre wirklich vielen geholfen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

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