Kunst hat es verdient, darüber zu diskutieren

21. Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung am 1. März 2018

Aktuelle Stunde zur Frage Nr. 1053: Welche kunsthistorische, philosophische oder vergleichbare Bildung befähigt diese hochrangigen Funktionäre der Frankfurter Sicherheitspolitik zu qualifizierten Geschmacksurteilen – i. S. ästhetischer Urteile Kant’scher Terminologie – zu diesem Thema?

Stadtverordnetenvorsteher Stephan Siegler:

Vielen Dank, Frau Busch! Die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Müller von der LINKE.?Fraktion. Bitte schön!

Stadtverordneter Michael Müller, LINKE.:

Herr Vorsteher,

meine sehr geehrten Damen und Herren!

Es wurde schon gesagt, Kunst darf viel und es ist die Aufgabe von Kunst, zu provozieren. Es ist die Aufgabe von Kunst, der Gesellschaft einen Spiegel vorzuhalten. Ich bin der Meinung, genau das gelang den Künstlerinnen und Künstlern der visionären Ruinen mit ihrer Aktion. Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, was der Anlass für die Künstlerinnen und Künstler war. Sie wollten mit diesem ausgebrannten Polizeifahrzeug auf die Verdrängung von Drogenabhängigen im Bahnhofsviertel hinweisen. Das war der Hintergrund für diese Aktion. Ich finde es natürlich gut, wenn wir uns hier einmal über Kunst unterhalten. Ich fände es aber besser, wir würden uns über den Anlass der Kunst unterhalten, als zu definieren, ob wir diese Aktion jetzt gut oder schlecht finden und fällen dann subjektive Urteile. Das ist eigentlich gar nicht unsere Aufgabe. Es gibt die Kunstfreiheit, das ist ein hohes Gut. Das sollten wir auch nicht antasten.

Ich bin der Meinung, dass man diese Kunstaktion aushalten muss. Man kann natürlich trefflich darüber streiten, ob sie plump ist oder ob sie einem gefällt. Dann ist es mir auch gerade egal, welchen Beruf diejenige oder derjenige hat, die sich ein Urteil über ein Kunstwerk erlauben. Das ist doch gar nicht der Kern. Das eine ist nur, dass ich ein Urteil fälle und sage, na ja, mir gefällt es nicht, ich schaue weg. Das andere, was hierbei der Polizeipräsident Bereswill gemacht hat, ist, dass er die Kunstfertigkeit in Abrede gestellt hat. Er hat gesagt, das ist keine Kunst. Das ist das Problem, meine Damen und Herren! Das, finde ich, ist eine Überschreitung durch den Polizeipräsidenten. Auch von Ihnen, Herr Frank. Sie hätten das aushalten müssen. Warum haben Sie sich denn.

(Zurufe)

Sie dürfen Ihre Meinung äußern. Aber Sie haben gesagt, es ist menschenverachtend. Da bin ich auf jeden Fall anderer Meinung. Ich rate insgesamt in dieser Debatte zu viel mehr Gelassenheit. Es ist ein Popanz, der da aufgebaut worden ist. Ich finde, Kunst hat es verdient, darüber zu diskutieren. Was ich uns allen rate, ist wirklich mehr Gelassenheit und weniger Kleingeistigkeit, die ich wahrnehme, weil einer Stadt wie Frankfurt es gut zu Gesicht steht, die Kunstfreiheit zu achten und auch bei Kunstwerken nicht sofort an brennende Polizeiautos von Blockupy zu denken und sich hier so aufzuführen. Kunst ist gut, wenn sie provoziert. Wenn das das Kunstwerk erreicht hat, finde ich es traurig und finde ich es schade, dass es momentan eben nicht mehr im öffentlichen Raum zu sehen ist.

Danke schön!

(Beifall)

Hier können Sie die Rede als PDF-Datei herunterladen.

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