Warum müssen Schlachthöfe und Schulen offen bleiben, nur damit der Kapitalismus nicht zugrunde geht?

50. Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung am 10. Dezember 2020

Aktuelle Stunde zu Frage Nr. 2985: Wie sehen die konkreten Planungen der Stadt bezüglich einer leistungsfähigen Infrastruktur zum Impfen und Versorgung mit ausreichend Impfstoff aus?

Stadtverordnetenvorsteher Stephan Siegler:

Frau Ross, Ihre Redezeit ist beendet. Das ist immer auch eine Fairnessfrage gegenüber den anderen Stadtverordneten. Die nächste Wortmeldung ist von Herrn Kliehm von der LINKE.-Fraktion. Sie haben dann noch Gelegenheit, sich für zwei Minuten in einer zweiten Runde zu Wort zu melden. Herr Kliehm, bitte schön!

Stadtverordneter Martin Kliehm, LINKE.:

Sehr geehrte Damen, Herren und Diverse! Erev tov we Chag Chanukka Sameach!

Herr Majer, meine Vorrednerinnen und meine Vorredner haben es gerade schon gesagt: Der Schlüssel für diese Corona-Krise ist, dass wir solidarisch durch die Krise müssen. An Maßnahmen lässt sich natürlich allerlei kritisieren. Ich würde zum Beispiel als Linker fragen: Warum müssen Schlachthöfe und Schulen offen bleiben, nur damit der Kapitalismus nicht zugrunde geht? Im Corona-Hotspot Sachsen hat gerade Ministerpräsident Michael Kretschmer seine zögerlichen Maßnahmen verteidigt, nicht, weil diese dem Druck der Wirtschaftslobby geschuldet sind, sondern weil es schwer sei, die Zustimmung der Bevölkerung zu erreichen. Essenzielle Aufgabe der Politik ist aber nicht Populismus – im Gegensatz dazu, wie das einige hier im Haus sehen -, sondern der Schutz von Minderheiten.

Da sehe ich durchaus Defizite. Die Lufthansa wird mit Milliarden gerettet. Aber Soloselbstständige und Künstlerinnen und Künstler fallen durch das Raster, weil sie nun mal Lebenshaltungskosten haben statt Betriebskosten. In der Krise bleibt die Familienarbeit wieder einmal an den Frauen hängen, von denen erwartet wird, dass sie zu Hause bleiben, wenn die Schulen und Kindergärten geschlossen sind. Alleinerziehende müssen zusehen, wie sie die Mehrfachbelastung managen.

Als Politik müssen wir Minderheiten und besonders gefährdete Gruppen schützen und unterstützen. Dazu gehört: Wir müssen jetzt investieren, fördern und nicht kürzen. Solidarität muss praktisch werden, und das muss sich auch finanziell äußern.

Darum auch müssen wir am Samstag gegen Corona-Leugnerinnen und -Leugner, Verschwörungsideologen und Rechtsextreme auf die Straße gehen. Zwar wurde die Demo, wie es gesagt wurde, verboten. Aber parallel finden schon Anmeldungen von Ersatzveranstaltungen statt. Die Corona-Leugnerinnen und -Leugner mobilisieren weiterhin zu einer verbotenen Demo in Frankfurt. Wir können der Stadt nicht vertrauen, trotz der Steilvorlage des Bundesverfassungsgerichts, das Verbot durchzusetzen. Wir können leider auch der Polizei nicht vertrauen, die lieber Wasserwerfer gegen Gegendemonstrierende einsetzt, anstatt das Demo-Verbot der Corona-Leugner durchzusetzen. Darum müssen die Frankfurterinnen und Frankfurter abermals zeigen, dass rechtsextreme Verschwörungsideologien und Antisemitismus in unserer Stadt nicht willkommen sind. Dafür gebührt ihnen unser Dank, und da erwarte ich, dass Sie am Samstag dagegen auf der Straße sind.

Danke sehr!

(Beifall)

Hier können Sie die Rede als PDF-Datei herunterladen.

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