Die Freiheit zu lieben, wen man will und wie man will, ist ein Dorn in ihrem braunen Auge

47. Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung am 3. September 2020

Tagesordnungspunkt 8: Keine LGBT-freie Zone in Frankfurts Partnerstadt Krakau

Stellvertretender Stadtverordnetenvorsteher Ulrich Baier:

Die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Müller von den LINKEN. Nach ihm spricht Herr Bäppler‑Wolf von der SPD‑Fraktion. Bitte schön!

Stadtverordneter Michael Müller, LINKE.:

Herr Vorsteher,

meine sehr geehrten Damen und Herren!

Ja, es ist eine besorgniserregende Entwicklung, die Polen seit einigen Jahren zeigt. Neben dem Rechtsruck, der sich nicht nur in diesem osteuropäischen Land vollzog, wird es aber auch gerade für die LGBT‑Community in Polen immer gefährlicher. Sie müssen sich vorstellen: Knapp ein Drittel Polens hat sich inzwischen zur LGBT‑freien Zone erklärt. Städte und Gemeinden zeigen sich offen homo- und transfeindlich, darunter auch Partnergemeinden von vielen europäischen und deutschen Kommunen. Sie müssen sich das so vorstellen, meine sehr geehrten Damen und Herren: An vielen polnischen Ort- und Landkreisschildern liest man mittlerweile einen Schriftzug „Strefa wolna od LGBT“, was übersetzt nichts anderes bedeutet wie LGBT-freie Zone. Es ist also so, der Hass auf Schwule, Lesben und Transgender begrüßt Sie freundlich am Ortsschild. Ja, wenngleich diese Zonen juristisch keine Bedeutung haben, sind sie doch eine symbolische, politische und brandgefährliche Botschaft. Dahinter steckt klar: Es ist eine offene Ausgrenzung, es ist ein offenes Bekenntnis zu Menschenhass. Diese Kampagne wurde erst Anfang 2019 von einer rechtskonservativen Wochenzeitung gestartet. Die Stadt Świdnik in Südostpolen schloss sich als erstes an und erklärte, Kinder und Familien „vor homosexueller Propaganda“ und „moralischem Verfall zu schützen“. Das steht hinter diesen Szenen.

Ich bin der Meinung, meine Damen und Herren, das ist nichts anderes als Hetze von öffentlichen Stellen und gewählten Amtsträgerinnen und Amtsträgern und, was es noch viel schlimmer macht, es ist Wasser auf die Mühlen all derer, denen die Freiheit zu lieben, wen man will und wie man will, ein Dorn in ihrem braunen Auge ist. Wir müssen als Stadt Frankfurt, vielleicht als europäische Gemeinschaft, stets wachsam sein mit unseren Partnerstädten überall, aber auch in Krakau. Wir müssen es beobachten, wenn zum Beispiel der Bischof von Krakau das alles bezeichnet als „Regenbogenseuche“. Ein Beschluss der Stadt Krakau, der in diese Richtung geht, wäre nicht vertretbar mit dem verbindenden Geist einer Städtepartnerschaft. Es wurde auch schon gesagt, dass Kleinpolen, die Region, in der sich Krakau befindet, diesem Bündnis bereits beigetreten ist. Wir müssen als Stadt Frankfurt, als Frankfurter Stadtverordnetenversammlung, aber auch als Magistrat maximalen Druck ausüben, dass die LGBT-Community hier gestärkt wird.

Vielen Dank!

(Beifall)

Hier können Sie die Rede als PDF-Datei herunterladen.

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