Kommt ein neuer Hochhausentwicklungsplan?

Anfrage der Fraktion DIE LINKE. im Römer gemäß § 50 (2) HGO

Die Zahl der Beschäftigen nimmt zurzeit stärker zu als die der Einwohner*innen: 564.826 Arbeitsplätze waren es im Juni 2018, 12.767 Arbeitsplätze mehr als im Vorjahr („So viele Arbeitsplätze wie nie“, Frankfurter Rundschau vom 26. August). Nach Angaben des Bürgeramts Statistik und Wahlen sind am 30.06.2018 in Frankfurt 744.115 Einwohner*innen gemeldet, das sind 3.022 mehr als ein halbes Jahr zuvor (statistik aktuell Ausgabe 13/2018).

Der erste Hochhausrahmenplan („Hochhausentwicklungsplan Frankfurt am Main“, im Folgenden im Folgenden kurz HEP) von 1999 mit dem Titel sah 18 Standorte vor, davon wurden 16 Standorte baurechtlich genehmigt. Umgesetzt waren bis zur ersten Fortschreibung des HEP im Jahr 2008 die wenigsten. Es entstanden dennoch einige Hochhäuser, für die schon vor dem HEP Planungsrecht bestand. Einige Projekte mussten komplett verworfen werden, wie bspw. die Planungen für eine Überbebauung des Hauptbahnhof-Gleisbettes mit Hochhäusern im Anschluss an „Frankfurt 21“.

Der teilweise wieder verworfene HEP wurde schließlich 2008 fortgeschrieben. In der Fortschreibung sind 23 Hochhäuser mit einer Höhe von mehr als 60 Metern vorgesehen. Damit könnten laut Stadtplanungsamt 800.000 m² Bruttogeschossfläche geschaffen werden, wovon 65.000 m² in Wohnhochhäusern entstehen würden. Es besteht also weiterhin die deutliche Tendenz zur Schaffung von Büros und weiteren Arbeitsplätzen. Bis zu einer Realisierung müssen die im HEP vorgesehenen Standorte zusätzlich einzeln per Bebauungsplan genehmigt werden.

Dass der HEP eine unverbindliche Richtlinie darstellt, wird in verschiedenen Fällen deutlich: Zum einen wird Planungsrecht für Hochhäuser an Standorten geschaffen, die nicht im HEP vorgesehen sind. So geschehen für die EZB und am Deutsche Bank Areal („Four“) in der Innenstadt. Zum zweiten werden Planungen erweitert: An der Stiftstraße wurden die vorgesehenen Gebäudehöhen durch eine Änderung des Bebauungsplans 2016 nachträglich deutlich erhöht. Zum dritten liegen Planungen für Hochhäuser vor, die noch nicht fertig gestellt oder wieder verworfen wurden. Ein Beispiel ist der Porsche Design Tower an der Emser Brücke im Europaviertel bzw. Turm am Hauptbahnhof bei dem heutigen Parkhaus am ZOB.

Sowohl der erste HEP als auch die Fortschreibung wurden von dem Büro Jourdan & Müller verfasst. Dasselbe Büro war beteiligt an Projekten wie der „Städtebauliche[n] Studie Frankfurt 21, [der] Machbarkeitsstudie zum Standort der Europäischen Zentralbank an der Grossmarkthalle in Frankfurt am Main, [der] Planung der Bewerbung von Frankfurt RheinMain zur Austragung Olympischer Spiele 2012“ (http://www.jourdan-mueller.de/profil.htm).

Eine erneute Fortschreibung des Hochhausentwicklungsplans ist vorgesehen (Nils Kößler, CDU, 1.2.2018 Wortprotokoll der STVV, S. 100; Koalitionsvertrag zwischen CDU, SPD und Grünen für Frankfurt, Zeile 551: „Wir werden den Hochhausrahmenplan fortschreiben und konzeptionell weiterentwickeln“), liegt aber bisher nicht vor (Stand: Dezember 2018).

Der Magistrat wird daher gebeten, folgende Fragen zu beantworten:

  1. Welches Wachstum an Arbeitsplätzen ist für die Stadt Frankfurt, nachhaltig und sozial verträglich – hinsichtlich der teilweise schon jetzt sichtbaren Folgen von Wachstum wie z. B. fehlende Wohnungen, Kapazitätsengpässe in der Bildungsinfrastruktur, besonders in Kitas und Schulen, bei Verkehrsengpässen durch eine Zunahme der Pendler*innen-Zahlen, bei der technischen Infrastruktur, wie Straßen, Ver- und Entsorgung (Strom, Wasser, Abwasser, Müll)?
  2. Inwiefern bezieht der Magistrat diese Wachstumsfolgen in der Hochhausplanung ein?
  3. Inwiefern wurden ökologische, makroklimatische und mikroklimatische Folgen (u. a. Fallwinde, Verschattung, Flächenversiegelung, Energiegewinnung) beim Hochhausbau in Frankfurt in den vergangenen zehn Jahren berücksichtigt und wie sollen sie in Zukunft berücksichtigt werden?

Im HEP 2008 vorgesehene Hochhausstandorte (bitte ggf. in Bruttogeschossfläche (BGF) angeben. Die Angaben zur BGF sind im Bauantrag ersichtlich und liegen der Stadt damit vor)

  1. Wie viele Hochhäuser wurden nach dem HEP 2008 bereits genehmigt?
  2. Wie viele davon sind im Bau oder fertig gestellt?
  3. Wie viel Wohnfläche und wie viel Bürofläche sind dadurch entstanden?
  4. Wer waren die Bauherren der Hochhäuser?
  5. Für wie viele Beschäftige wurden durch den Hochhausbau seit 2008 langfristig Arbeitsplätze in Frankfurt geschaffen? Bitte neben Büroarbeitsplätzen auch Arbeitsplätze in unternehmensnahen Dienstleistungen berücksichtigen, also u. a. in den Bereichen Gebäudereinigung, -instandhaltung, Sicherheitsdienst.
  6. Wie viele weitere Hochhäuser sind im Hochhausrahmenplan 2008 vorgesehen, die (noch) nicht realisiert wurden?
  7. In welcher Stufe der Realisierung stehen diese Projekte?
  8. In welchen der laut Frage 10 ausstehenden Projekte ist eine Realisierung nach derzeitigem Stand nicht mehr vorgesehen?
  9. Wie viele weitere Arbeitsplätze würde eine Realisierung aller laut Hochhausentwicklungsplan 2008 ausstehenden Projekte für Frankfurt bedeuten?

Nicht im HEP 2008 vorgesehene, zusätzliche Standorte

  1. Wie viele Hochhäuser mit einer Höhe von über 60 Meter, die nicht im HEP 2008 vorgesehen waren, wurden seit 2008 insgesamt genehmigt?
  2. Wie viele der Hochhäuser aus Frage 13 wurden seit 2008 tatsächlich fertig gestellt?
  3. Wie viel Bürofläche (BGF) und wie viele Arbeitsplätze sind durch diese zusätzlichen Genehmigungen entstanden?
  4. Wie viel Wohnfläche (BGF) und wie viele Wohneinheiten sind dort entstanden?
  5. Wie viele Hochhäuser mit wie viel Bürofläche (BGF) wurden insgesamt seit 2008 in der Stadt Frankfurt zugelassen und genehmigt?
  6. Welche Geschossflächenzahl (GFZ) nach Baunutzungsverordnung (BauNVO) wurden bei den einzelnen Baugenehmigungen zugelassen?
  7. Wie viele Befreiungen von Bebauungsplänen wurden seit 2008 im Hochhausbau ausgesprochen?
  8. Wie viele Bebauungspläne wurden geändert?
  9. Mit welchen Begründungen wurden zusätzliche Standorte genehmigt?
  10. Welche Hochhäuser sind folglich seit der ersten Fortschreibung des HEP 2008 in Frankfurt entstanden und auf welcher Rechtsgrundlage wurden sie genehmigt?
  11. Bitte fassen Sie die bisherigen Angaben in der nachfolgenden tabellarischen Ãœbersicht zusammen:
HEP 2008 zusätzliche Standorte seit 2008 (nicht im HEP)
vorgesehene Anzahl der Hochhäuser
Höhe unter 60 Meter

(nach § 2 Abs. 9 Nr. 1 HBO sind alle Gebäude über 22 Meter als Hochhäuser zu behandeln)

Höhe über 60 Meter
fertiggestellt
im Bau
noch nicht realisiert
Bauherren
§ 23 BauNVO

überbaubare Grundstücksfläche

§1 BauNVO

Baugebiet nach B-Plan

§ 18 BauNVO

zulässige Höhe nach B-Plan

genehmigte Höhe
Wohnfläche BGF
Anzahl der Wohnungen
davon geförderte Wohnungen
Bürofläche BGF
Anzahl der Arbeitsplätze/Beschäftigte
Stellplätze erforderlich nach StellplatzVO
Stellplätze genehmigt
§ 17 BauNVO

GFZ zulässig nach B-Plan

GFZ genehmigt
§ 31 BauGB

ausgesprochene Ausnahmen

§ 31 BauGB

ausgesprochene Befreiungen

nach § 30 BauGB genehmigt
nach § 34 BauGB genehmigt
nach § 33 BauGB genehmigt

Zweite Fortschreibung des HEP

  1. Wie bewertet der Magistrat vor dem Hintergrund dieser Erkenntnisse die weitere Fortschreibung des HEP?
  2. Für wann ist eine zweite Fortschreibung des HEP vorgesehen?
  3. Wie ist der Stand der Vorarbeiten einer zweiten Fortschreibung des HEP?
  4. Wird die zweite Fortschreibung wieder von einem externen Büro erstellt oder plant die Stadt für diese Aufgabe Stellen zu schaffen?
  5. Wenn eine externe Beauftragung vorgesehen ist, wie viel Geld plant die Stadt für die Fortschreibung auszugeben?
  6. Wird eine Fortschreibung eine höhere Verbindlichkeit erhalten als ihre Vorgängerversionen?

Anfragesteller: Stv. Eyup Yilmaz

DIE LINKE. im Römer

Dominike Pauli und Martin Kliehm

Fraktionsvorsitzende

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