Hören Sie auf, die armen Menschen zu bekämpfen und bekämpfen Sie endlich die Armut

19. Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung am 14. Dezember 2017

Aktuelle Stunde zur Frage Nr. 918: Wie oft wurden Personen mit Barverwarnungen wegen „Lagern im öffentlichen Raum“ in den Monaten Januar 2016 bis Dezember 2017 abkassiert – bitte nach Monat und Betrag aufschlüsseln?

Stadtverordnetenvorsteher

Stephan Siegler:

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Wir kommen damit zur Aktuellen Stunde zur Frage Nr. 918, angemeldet von der LINKE.?Fraktion, zur Situation der Obdachlosen. Die erste Wortmeldung kommt von Frau Stadtverordneter Buchheim von der LINKE.?Fraktion. Bitte schön!

Stadtverordnete Astrid Buchheim, LINKE.:

Sehr geehrte Damen und Herren!

Obdachlose in Großstädten seien ein Problem, so Dezernent Frank. Herr Frank, letztendlich sind nicht die obdachlosen Personen das Problem, sondern die wachsende Armut.

(Beifall)

Sie haben unsere Frage nicht beantwortet. Das lässt viel Raum für Spekulationen. Immerhin haben Sie eingeräumt, seit Juni härter durchzugreifen. Ich kann mir jetzt lebhaft vorstellen, wie drastisch die Zahl der Platzverweise seitdem zugenommen haben muss. Die Armut in Frankfurt am Main nimmt stetig zu. Was fällt den regierenden Kommunalpolitikerinnen und -politikern in der reichsten Großstadt Deutschlands ein? Die Armut passt nicht zu ihren Werten und muss möglichst unsichtbar gemacht werden, auch mit Platzverweisen. Der Ordnungsdezernent lobt die Sozialpolitik über alle Maßen. Letztendlich ist es aber die gesamte Politik dieser Koalition, die auf die Verdrängung und Ausgrenzung armer Menschen ausgerichtet ist. Die Wohnungspolitik verdrängt immer mehr Menschen mit geringem und auch schon mit mittlerem Einkommen aus der Stadt. Die Verkehrspolitik grenzt viele Menschen von viel zu teurem ÖPNV und damit von gesellschaftlicher Teilhabe aus. Die Sozialpolitik feiert sich dafür, dass sie nachts die B-Ebene an der Hauptwache für diejenigen Obdachlosen öffnet, die keinen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft haben. Die B-Ebene als Übernachtungsort, das ist untragbar, das ist menschenunwürdig.

(Beifall)

Stadtverordnetenvorsteher

Stephan Siegler:

Entschuldigung, Frau Buchheim! Ich würde darum bitten, dass wir eine ruhigere Atmosphäre herstellen, dass Frau Buchheim auch eine Chance hat, gehört zu werden. Vielen Dank!

Stadtverordnete Astrid Buchheim, LINKE.:

(fortfahrend)

Hinzu kommt, dass die Menschen, die in der B-Ebene übernachten, ab sechs Uhr die B-Ebene verlassen und zwei Stunden in der Kälte ausharren müssen. Ich stelle mir jetzt vor, wie sich die Platzverweise für Obdachlose in dieser Zeit häufen. Als Minimallösung haben wir vorgeschlagen, das Stadthaus für diese zwei Stunden zu öffnen. Die Diskussion letzte Woche im Ausschuss für Soziales und Gesundheit dazu war unterirdisch. Die CDU argumentierte, dass die Toiletten auf einer anderen Etage seien als der Aufenthaltsraum, und das Stadthaus deshalb nicht geeignet sei. Ich habe jetzt eine Woche darüber nachgedacht, ich habe das Argument noch immer nicht verstanden. Die SPD argumentierte, die Obdachlosen würden dann wie Tiere von der Hauptwache zum Römer laufen. Wenn sich die SPD wirklich um die Würde der Menschen sorgen würde, müsste sie sich für menschenwürdigere Unterkunftsangebote für alle einsetzen, auch für diejenigen, die ohne Rechtsanspruch sind oder die B-Ebene als Übernachtungsort ablehnen. Die GRÜNEN argumentierten, sie hätten den Mut, unseren Antrag abzulehnen, weil es erst eines richtigen Konzeptes bedürfe. Ein Konzept, das auch nach über einem Jahr noch immer nicht vorliegt.

Alle drei Parteien scheinen nicht gewillt zu sein, den obdachlosen Menschen jetzt, da es kalt ist, ein Übergangsangebot für diese zwei Morgenstunden machen zu wollen. Sie scheinen auf Abschreckung zu setzen, sowohl in der B-Ebene als auch mit Barverwarnungen und Platzverweisen. Es ist ein Armutszeugnis für die Koalition im reichen Frankfurt am Main, wie sie mit den armen Menschen in der Stadt umgeht. Hören Sie auf, die armen Menschen zu bekämpfen und bekämpfen Sie endlich die Armut.

(Beifall)

Hier können Sie die Rede als PDF-Datei herunterladen.

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