Wie viel ist uns eigentlich die soziale Arbeit noch wert?

31. Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung am 28. Februar 2019

Aktuelle Stunde zur Frage Nr. 1709: Wird die Stadt den Beschäftigten das Geld ab dem 01.03.2018 nachzahlen, um der versprochenen Tariftreue gerecht zu werden.

Stadtverordnetenvorsteher Stephan Siegler:

Damit kommen wir zur vierten Aktuellen Stunde, angemeldet von der LINKE-Fraktion, zur Frage Nr. 1709 zu den Tarifverträgen. Die erste Wortmeldung kommt von Frau Christann von der LINKE?Fraktion. Bitte schön!

Stadtverordnete Monika Christann, LINKE.:

Herr Vorsteher,
meine Damen und Herren,
sehr geehrter Herr Becker!

Vor genau sieben Jahren beschloss die Stadtverordnetenversammlung auf Koalitionsantrag von CDU und GRÜNEN mit § 1291, „Leistungsvereinbarungen so abzuschließen, dass die Personalkostenkalkulation auf dem im jeweiligen Geschäftsfeld gültigen Tarifvertrag beruht.“ Zusätzlich hat die Koalition 2016 in ihrem Vertrag Tariftreue erklärt und der EuGH hat so etwas auch schon positiv beurteilt. Die Vorlage E 24 der Koalition beinhaltet jedoch den fortgesetzten Verstoß gegen den Beschluss § 1291 und gegen die Koalitionsvereinbarung und ist ein Schlag ins Gesicht der Betriebe und freien Träger, denen die Stadt elementare Aufgaben der kommunalen Daseinsvorsorge übertragen hat und die einen Tarifvertrag anwenden. Immerhin sind von den Leistungen praktisch alle Alters- und Bevölkerungsgruppen in Frankfurt betroffen. Wie viel ist uns eigentlich die soziale Arbeit noch wert? Übrigens dürften auch Frauen als Dienstleisterinnen von dieser Geringschätzung durch die Tarifuntreue besonders betroffen sein. Die Stadt wächst nicht nur an Menschen, sondern auch an Armut. Hinzu kommt, dass die 2017 beschlossene Kontrollstelle zur Einhaltung der Tariftreue und der Arbeits- und Schutzgesetze verhindert wird. Das kann ich verstehen, denn die Kontrollstelle könnte offenbaren, dass hier verschleiert werden soll, dass die Koalition zwar in der Öffentlichkeit von Tariftreue und sozialer Stadt redet, in Wirklichkeit aber gegenteilig handelt. Das ist kein soziales Verhalten, sondern ausgesprochen asozial.

Träger, wie zum Beispiel die AWO Frankfurt, müssen alle tariflichen Leistungen, nicht nur die Lohnerhöhungen, an ihre Beschäftigten weitergeben, erhalten aber von der Stadt trotzdem nicht die Zuschüsse zur Refinanzierung, und zwar schon seit – ich betone – 2015. Die Vorlage E 24 soll gar die Leistungen erst ab 2020 und 2021 schrittweise anpassen. Ein realer Verlust für die Beschäftigten und ein Verlust für die Träger. Das muss die Öffentlichkeit wissen. Deswegen ist es gut, dass heute die offene Kinder- und Jugendhilfe vor der Tür des Römers stand, weil der Antrag E 230 zur Refinanzierung von der Koalitionsmehrheit abgelehnt wurde. Es soll sich niemand von den Stadtverordneten künftig über Jugendliche in angeblichen Brennpunkten beschweren. Die existenzielle Bedrohung einiger Träger im sozialen Bereich ist inzwischen so groß, dass überlegt wird, Personal zu entlassen und Leistungen und Öffnungszeiten zu reduzieren. Die Stadt spart auf dem Rücken der Beschäftigten und der Bürgerinnen und Bürger Frankfurts. Gleichzeitig soll aber andererseits der Neubau der privaten Schule der katholischen Kirche mit 16 Millionen Euro finanziert werden. Ob das die Beschäftigten der Träger als gerecht empfinden? DIE LINKE steht an der Seite der Beschäftigten und ich fordere den Magistrat zur versprochenen Tariftreue auf, um seiner Pflichtaufgabe der kommunalen Daseinsvorsorge nachzukommen.
Danke!

(Beifall)

Hier können Sie die Rede als PDF-Datei herunterladen.

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