In einem Land, wo Menschenrechte mit Füßen getreten werden, kann es keine Neutralität geben

28. Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung am 8. November 2018

Aktuelle Stunde zur Frage Nr. 1494: Die Geschäftsführung der Messe Frankfurt hält auch nach dem Mord an dem regimekritischen saudischen Journalisten Jamal Kashoggi an ihrem geschäftlichen Engagement in Saudi-Arabien fest. Wie beurteilt der Magistrat diese Position der Messe Frankfurt?

Stellvertretende Stadtverordnetenvorsteherin

Dr. Renate Wolter-Brandecker:

Vielen Dank! Die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Müller von der LINKE.?Fraktion. Bitte schön!

Stadtverordneter Michael Müller, LINKE.:

Frau Vorsteherin,

meine sehr geehrten Damen und Herren!

Drei Minuten Redezeit reichen mitnichten aus, um sich ein Bild zu machen von den täglichen Menschenrechtsverletzungen, die in Saudi-Arabien stattfinden. Dennoch muss ich etwas vorausschicken und ein paar Punkte erwähnen, weil man nicht oft genug darauf hinweisen kann. So zeigt nicht erst die vorsätzliche Tötung des Journalisten Kashoggi, wie das Regime in Saudi-Arabien agiert. Die Realität ist, dass seit Jahren gewaltlose Oppositionelle ohne Anklage, ohne Gerichtsverfahren geknüppelt und inhaftiert werden. Die Prügelstrafe und selbst die Todesstrafe werden täglich angewandt. Außerdem werden Homosexuelle in Saudi-Arabien fortdauernd schikaniert. Neun Millionen Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter sind in diesem Niedriglohnland unter prekärsten Arbeitsbedingungen angestellt. Ihre Aufenthaltsbewilligung ist oft an den Arbeitgeber gebunden und Fälle von Zwangsarbeit sind bekannt. Seit 2015 beteiligt sich das Land im Jemen an einem menschenrechtswidrigen und völkerrechtswidrigen Krieg. Es gibt eine aktuelle Umfrage, dass 65 Prozent der Deutschen darauf dringen, dass die deutsche Wirtschaft keinerlei Beziehungen mit Saudi-Arabien führt, keine Geschäfte mit diesem Regime macht, und vor dem Hintergrund beschäftigen wir uns jetzt mit der Frankfurter Messe.

Diese Erklärung der Frankfurter Messe ist natürlich beschämend. Es ist mehr als nur ein Versehen, wie hier agiert wird. Die Messe sei sich bewusst, dass die Gesetzeslage sich vom Rechtssystem Deutschlands unterscheidet. Was ist denn das? Es unterscheidet sich doch nicht. Es steht doch diametral unseren Grundsätzen, unseren ethischen Werten entgegen. Von daher war es eine absolute Untertreibung und beschämend, wie hier gesprochen wurde, meine Damen und Herren.

(Beifall)

Es ist auch falsch, wenn die Frankfurter Messe sagt, wir organisieren neutrale Messen. Es kann keine Neutralität geben in einem Land, wo Menschenrechte mit Füßen getreten werden. Hier kann die Frankfurter Messe niemals neutral sein. Und was ist denn dran, wenn die Frankfurter Messe eine Beauty-Messe in Saudi-Arabien organisiert, einem Land, das die Frauenrechte mit Füßen tritt. Hier kann man doch nicht neutral sein und dort eine Beauty-Messe organisieren vor dem Hintergrund – ich habe nachgesehen -, dass der Vibrant Beauty and Wellness Market in Saudi-Arabien ein Volumen von 5,7 Milliarden US-Dollar hat. Das ist doch beschämend. Vor diesem Hintergrund kann es nicht damit getan sein, dass man die Frankfurter Messe ins Gespräch zieht.

Konkrete Schlussfolgerungen müssen für uns sein: Erstens, ein Stopp der Zusammenarbeit mit Saudi-Arabien. Zweitens, man muss auch über Waffenlieferungen nach Saudi-Arabien in diesem Kontext sprechen, und drittens, vor dem Hintergrund eines autoritären Rollbacks und einer Zunahme von illiberalen Demokratien weltweit kann man bei Saudi-Arabien nicht wirtschaftliche Liberalität und Freihandel postulieren. Hier muss ein klares Zeichen gesetzt werden, dass man mit diesem Regime, das die Menschenrechte konsequent mit Füßen tritt, keine Geschäfte macht. Das würde der Frankfurter Messe gut zu Gesicht stehen.

Vielen Dank!

(Beifall)

Hier können Sie die Rede als PDF-Datei herunterladen.

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