Wir brauchen nicht nur Klima-Ziele, sondern auch einen Plan

22. Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung am 22. März 2018

Tagesordnungspunkt 7: Klimaschutzbericht

Stadtverordnetenvorsteher

Stephan Siegler:

Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung sind niemals klimaneutral, weil wir alle zusammenkommen müssen, Papier umgedruckt werden muss und Ähnliches. Diese Illusion muss ich Ihnen leider rauben. Die nächste Wortmeldung kommt von Frau Hahn von der LINKE.-Fraktion. Bitte schön!

Stadtverordnete Pearl Hahn, LINKE.:

Herr Stadtverordnetenvorsteher,

meine Damen und Herren,

Herr Lange!

Gerne biete ich Ihnen etwas mehr Realitätsnähe anstelle von Realitätsverweigerung. Zum Beispiel sind City-Trees eine lachhafte Nummer mit einem Nocebo-Effekt.

(Beifall)

Zu Ihrer Liebe zur Autoindustrie: Da kann ich leider nur sagen, es ist wahrscheinlich sehr schwer, Kritik bei genau diesen Personen zu üben, die die eigenen Taschen vollstopfen.

Frankfurt hat sich als Mitglied im Klimabündnis der europäischen Städte das Ziel gesetzt, die CO2?Emissionen alle fünf Jahre um zehn Prozent zu reduzieren. Von 1987 bis 2010 wurden auf die Einwohner umgerechnet rund 15 Prozent eingespart, ohne dass der Verkehr mit einbezogen ist. Mit Beschluss der Stadtverordnetenversammlung zum Masterplan 100 Prozent Klimaschutz sollen die Emissionen in 2050 nur noch fünf Prozent der Werte aus 1987 betragen. Das wären dann nur noch 0,6 Tonnen CO2 pro Einwohnerin oder Einwohner.

Ab 2010 bis 2050 sind also noch 80 Prozent zu schultern. Zwischenziel ist es, bis zum Jahr 2030 die CO2-Emission pro Kopf im Vergleich zu 1987 zu halbieren. Was 5,7 Tonnen CO2 pro Kopf per annum entspricht. Laut Bericht sollten dafür derzeit jährlich etwas mehr als eine Million Tonnen CO2 eingespart werden.

 

Stadtverordnetenvorsteher

Stephan Siegler:

Entschuldigung, Frau Hahn. Ich möchte diejenigen in der hinteren linken Ecke des Plenarsaals bitten, ihre Gespräche nach draußen zu verlagern. Ich könnte hier vorne noch mitreden, so deutlich ist zu verstehen, was Sie sagen. Es ist interfraktionell dahinten. Entschuldigen Sie, Frau Hahn.

Stadtverordnete Pearl Hahn, LINKE.:

(fortfahrend)

Also, wenn man diese Einsparungen im Bericht grob aufsummiert, fällt auf, dass mit den vorgestellten Maßnahmen in 2015 und 2016 jährlich gerade einmal rund 110.000 Tonnen eingespart wurden. Also gerade einmal etwas mehr als ein Fünftel der Einsparungen, die für ein Erreichen der Klimaziele unabdingbar sind. Ein Fünftel, meine Damen und Herren, sind kein Grund, sich selbst zu loben. Versuchen Sie es doch bitte einmal mit ein bisschen mehr Selbstkritik. Der Löwenanteil der Einsparungen rührt vom Fernwärmeausbau her. Das bedeutet, der Großteil der städtischen Klimaschutzmaßnahmen umfasst nur einen Teil im gesamten Puzzle. Um die selbst gesetzten Klimaschutzziele zu erreichen, müssen endlich die großen Baustellen der Klimawende angegangen werden. Das betrifft den schnellstmöglichen Kohleausstieg und derzeit auch die Verkehrswende.

DIE LINKE ist aber natürlich für jede CO2-Einsparung dankbar, sie ist aber definitiv nicht über das übermäßige Zelebrieren von Almosen gegenüber dem Klimaschutz amüsiert.

(Beifall)

Was uns fehlt, ist eine CO2-Bilanz für die komplette CO2-Emission der Stadt. Wir sollten unsere Schritte verfolgen können und dies ist nur mit einer regelmäßigen und allumfassenden CO2-Emissionsbilanz möglich. Diese wurde zwar mit der Magistratsvorlage M 203 aus dem Jahre 2008 beschlossen, aber nicht eingehalten.

Wir brauchen nicht nur Ziele, meine Damen und Herren, sondern auch einen Plan, um diese Ziele zu verwirklichen. Deswegen haben wir den Antrag NR 414 zum Kohleausstieg in Frankfurt am Main bis 2030 eingebracht. Der Antrag verlangt ein Konzept, wie wir den Kohleausstieg realisieren können. Dieser Antrag wird unverständlicherweise seit fast einem halben Jahr geschoben. Ich frage mich, wieso es der Koalition momentan so schwerfällt, einem Antrag zuzustimmen, der lediglich ein Konzept verlangt.

Wir müssen uns um diese großen Themen im Klimaschutz kümmern. Darunter fallen der Kohleausstieg, der Umstieg vom Individualverkehr auf den öffentlichen Nahverkehr und der Umstieg auf erneuerbare Energien. Stimmt unserem Antrag endlich zu, damit wir handlungsfähiger werden, denn wir brauchen nicht nur gute Ziele, sondern auch konkrete Pläne, um die Klimaschutzziele zu verwirklichen.

(Beifall)

Hier können Sie die Rede als PDF-Datei herunterladen.

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