Sie tragen zur Wohnungsnot bei, indem Sie öffentlichen Boden privatisieren

20. Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung am 1. Februar 2018

Tagesordnungspunkt 12: Bebauungsplan Nr. 556 Altes Polizeipräsidium

Stadtverordnetenvorsteher

Stephan Siegler:

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 12., Bebauungsplan Altes Polizeipräsidium, auf. Zu diesem Thema behandeln wir die Vorlagen M 245 des Magistrats und NR 489 der LINKE.-Fraktion. Die LINKE.-Fraktion hat den Antrag zur Tagesordnung I gestellt. Die erste Wortmeldung kommt von Herrn Yilmaz von der LINKE.-Fraktion. Bitte!

Stadtverordneter Eyup Yilmaz, LINKE.:

Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher,

meine Damen und Herren!

Die Koalition hat für das alte Polizeipräsidium eine Bebauungsplanänderung auf den Weg gebracht. Damit bestätigt sich, es geht wieder nicht um die Belange der Frankfurter Bevölkerung, sondern das Gelände wird privaten Investoren überlassen. Die Stadt kann selbst entscheiden, wo und was hier in Frankfurt gebaut wird. Hier muss doch die Stadtregierung ihre eigene Macht nutzen, um die Bürger vor Spekulationen und Wohnraumberaubung zu schützen. Aber nein, der Magistrat kommt mit einer Bebauungsplanänderung, einen Plan B, in der es für die Frankfurter einfach so weitergeht wie bisher. Sie wissen doch, dass die Sozialreinrichtungen überfordert sind. Jährlich werden Hunderte Familien und Haushalte aus ihren Wohnungen vertrieben und zwangsgeräumt. Die Notunterkünfte sind überfüllt. Die Familien leben in Hotels und Pensionen unter dramatischen Bedingungen. Über 10.000 Haushalte warten dringend auf eine Sozialwohnung. Mehr als die halbe Stadt leidet unter enormen Mietpreissteigerungen und unter Verdrängung. Die soziale Segregation ist enorm gestiegen. Was machen Sie? Sie tragen zur Not der Bürger bei, indem Sie öffentlichen Boden privatisieren. Die Belange der Bevölkerung sind Ihnen total egal. Es gibt in Frankfurt immer noch über eine Million Quadratmeter Büroraum, der leer steht. Es gibt an jeder Ecke und in jeder Straße in Frankfurt Hotels und Pensionen. Ich frage Sie, Herr Josef, brauchen wir in Frankfurt zusätzliche Hochhäuser, Dienstgebäude oder Bürohochhaustürme? Oder brauchen wir hier in dieser Stadt dringend bezahlbaren Wohnraum und Sozialwohnungen?

(Beifall)

Es wäre schön, wenn der Magistrat endlich den Kopf aus dem Sand ziehen würde. In Frankfurt hat jeder Zweite das Recht auf eine Sozialwohnung. Über 70 Prozent der Bevölkerung hat ein Anrecht auf eine geförderte Wohnung. Wenn wir sagen, bauen Sie hier bitte geförderte Wohnungen, davon 50 Prozent Sozialwohnungen, was die Menschen in dieser Stadt dringend brauchen, wird uns von der Koalition Gettoisierung vorgeworfen. Ich frage mich dann, was sind denn das Deutschherrnufer, der Westhafen, das Europaviertel und der Riedberg? Es gibt doch in diesen Stadtteilen kaum geförderte Wohnungen oder Sozialwohnungen. Wenn man in Frankfurt von Gettos spricht, dann geht es doch eher um Gettos für Besserverdiener. 15 Jahre lang hat das Gelände des alten Polizeipräsidiums brachgelegen. Sie haben es versäumt, dieses Gelände rechtzeitig zu erwerben. Noch vor der Sommerpause 2007 wollte die Landesregierung für das alte Polizeipräsidium und das dazugehörige Gelände 70 bis 80 Millionen Euro haben. Jetzt ist die Rede von 200 Millionen Euro. Das ist doch verrückt. Ist der Landesregierung überhaupt bewusst, was sie hier für einen Schaden anrichtet? Die schwarz-grüne Landesregierung handelt hier politisch verantwortungslos. Finanzminister Thomas Schäfer möchte nur seine eigenen Haushaltskassen ausgleichen. Ich möchte hier noch einmal klipp und klar sagen, die Landesregierung, aber auch die Koalition in Frankfurt, spekuliert mit dem öffentlichen Grund und Boden. Das ist verantwortungslos. Sie tragen damit erheblich zur Bodenpreissteigerung bei. Die immer höheren Bodenpreise treiben die Kosten für den Wohnungsbau immer weiter nach oben, und damit auch die Mietpreise. Der Grund und Boden muss der kapitalistischen Verwertungslogik entzogen werden. Mit den Hotel- und Bürotürmen auf öffentlichem Boden helfen Sie den Bürgern in Frankfurt nicht, sondern fördern nur internationale Immobilienspekulanten.

Vielen Dank!

(Beifall)


Stadtverordnetenvorsteher

Stephan Siegler:

Vielen Dank, Herr Zieran! Die nächste und letzte Wortmeldung kommt von Herrn Yilmaz von der LINKEN. Bitte!

Stadtverordneter Eyup Yilmaz, LINKE.:

Herr Pawlik, wenn Sie denken, dass Sie Recht bekommen, wenn Sie so laut reden, dann irren Sie sich. In der Tat haben Sie nichts gesagt. Diese Flächen sind öffentliche Grundstücke. Als SPD sagen Sie auch, dass wir bezahlbaren Wohnraum bauen müssen. Wenn Sie auf öffentlichen Grundstücken nicht bezahlbare Wohnungen bauen können, wo denn sonst?

(Beifall)

Sie versuchen, die öffentlichen Grundstücke an internationale Investoren zu verkaufen, und dann sagen Sie, wir haben keine Wohnflächen, wir müssen da und dort auf Grünflächen zurückgreifen. Sie und die GRÜNEN haben alles verkauft.

(Zurufe)

Jetzt kommen Sie her und behaupten, Sie hätten es so und so gesagt, aber das entspricht nicht der Wahrheit. In dem Zusammenhang möchte ich auch ein Wort an die FDP richten. Die FDP will alles privatisieren.

(Beifall, Zurufe)

Ja, bei der Commerzbank-Arena ist das sowieso der Fall. Aber ein Satz zu Herrn Dr. Kößler: In Frankfurt, wir haben es doch beim Kulturcampus, der auch dem Land gehörte, gesehen, es wurde an die ABG Frankfurt Holding verkauft, und die hat weiter an die privaten Investoren verkauft. Denken Sie an das Gelände des ehemaligen AfE-Turms, da kommen Luxuswohnungen und ein Hotel hin. Können Sie dort bezahlbaren Wohnraum finden oder eine geförderte Wohnung? Nein. Und auch auf das heute zur Diskussion stehende Gelände wird nichts kommen. Das wissen Sie so gut wie ich. Aber man darf öffentliches Eigentum nicht einfach an die Investoren verkaufen.

Danke!

(Beifall)

Hier können Sie die Rede als PDF-Datei herunterladen.

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