Für wen baut die ABG Holding eigentlich?

16. Plenarsitzung der Stadtverordnetenversammlung am 31. August 2017

Tagesordnungspunkt 6: Kommunalpolitscher Situationsbericht des Oberbürgermeisters

Stellvertretender Stadtverordnetenvorsteher

Ulrich Baier:

Als nächste Redner wäre jetzt Herr Zieran von ÖkoLinX-ARL an der Reihe, aber er glänzt offensichtlich mit Abwesenheit. Darum rufe ich jetzt den nächsten Redner auf, der sich zu Wort gemeldet hat. Ich lese die Reihenfolge noch einmal vor, weil ich eine kleine Korrektur vornehmen musste. Nach Herrn Yilmaz spricht Frau Tafel-Stein für die FDP, ihr folgt dann Herr Förster für die FRAKTION, Herr zu Löwenstein für die CDU, und danach noch einmal Herr Wehnemann. Herr Yilmaz, Sie haben das Wort. Bitte schön!

Stadtverordneter Eyup Yilmaz, LINKE.:

Sehr geehrter Herr Vorsitzender,

meine Damen und Herren!

Für eines muss ich Oberbürgermeister Feldmann loben: Egal, wo er hingeht, egal, welches Thema ansteht, er fängt erst einmal mit Händeschütteln an. Es dauert meist eine halbe Stunde, vielleicht auch länger. Die Bürger sollen sich dem Oberbürgermeister nah fühlen. Der Oberbürgermeister spricht dann ein paar warme Worte und denkt, seine Aufgabe ist erledigt. Aber kommen wir zu den Taten. Was haben Sie für die Bürger gemacht, Herr Oberbürgermeister? Ihre Parole lautet „Bauen, bauen, bauen“, immer die gleiche Leier. Der Oberbürgermeister sagt jetzt, er will verhindern, dass die Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt werden. Sie sind in den Aufsichtsräten der ABG und der Nassauischen Heimstätte, in denen Sie wirklich eine wichtige Rolle spielen.

Kommen wir zur ABG Holding: Schauen Sie einmal in den Geschäftsbericht der ABG Holding für das Jahr 2016. In den Jahren 2014 und 2015 verzeichnete die ABG Holding gerade einmal einen Zuwachs an Wohnungen von 50.089 auf 51.165 Wohnungen. In den letzten 13 Jahren wurde der Bestand nur um etwa 1.000 Wohnungen erhöht. Das ist doch ein Armutszeugnis, meine Damen und Herren. Für wen baut die ABG Holding eigentlich? Der Bestand an preisgebundenen Wohnungen hat sich im gleichen Zeitraum um 20 Prozent verringert. Sie freuen sich über die Bilanz der ABG. Die ABG hat im Jahr 2016 wieder 78 Millionen Euro Gewinn gemacht, davon fließen acht Millionen Euro in die Stadtkasse. Die Mieteinnahmen der ABG sind laut Geschäftsbericht um etwa zehn Millionen Euro gestiegen – trotz Mietenstopp. Statt die Mieten zu senken und Gewinnverzicht zu üben, begrüßen Sie die acht Millionen Euro für die Deckung des Haushaltes. Das ist meiner Meinung nach ein Skandal.

Frau Busch, Sie sprechen über Sozialwohnungen, aber schauen Sie einmal, im Jahr 2016 hat die ABG gerade einmal 379 Wohnungen gebaut. Davon ist noch nicht einmal die Hälfte in Frankfurt entstanden. In Frankfurt wurden lediglich 94 geförderte Wohnungen gebaut. Das sind noch nicht einmal 30 Prozent. Die Anzahl an Wohnungen für den ersten Förderweg ist uns nicht bekannt. Wurden sie überhaupt gebaut? Wir wissen es nicht. Die städtische Wohnungsbaugesellschaft baut Eigentumswohnungen, sie baut Luxuswohnungen für die besser Verdienenden. Die Nassauische Heimstätte lässt etwa 40 Wohnungen seit Jahren in Westhausen leer stehen, um sie zu verkaufen. Was haben Sie dagegen gemacht, Herr Oberbürgermeister? Die ABG Holding baut ebenso Eigentumswohnungen und Luxuswohnungen, zum Beispiel auf dem AfE-Areal, dem Kulturcampus und dem Güterplatz. Die ABG Holding unterscheidet sich in keinster Weise von privaten Investoren, meine Damen und Herren.

Die privaten Investoren spekulieren ebenso wie die Landesregierung und die Stadtregierung mit den Wohnungen und Grundstücken, um zu profitieren und Rendite zu machen. Wir sehen doch beim Polizeipräsidium, wie das Land spekuliert, um es für 80 Millionen Euro an private Investoren verkaufen zu können. Die Stadt Frankfurt verkauft ständig Grundstücke und benutzt oder gründet Stiftungen für den Verkauf ihrer Wohnflächen.

Meine Damen und Herren, Stadt- und Landesregierung müssen aufhören, öffentlichen Grund und Boden zu verkaufen. Ja, ich möchte hier sagen: Privatisierung von öffentlichem Grund und Boden ist Diebstahl an öffentlichem Eigentum.

(Beifall)

Weil der Boden knapp ist, weil der Boden allen gehört und weil wir Verantwortung für die nächsten Generationen haben.

Erhaltungssatzung und Mietpreisbremse funktionieren nicht. Die halbe Stadt leidet unter Schikanen und Gentrifizierung und Sie schauen zu. Ich möchte hier einige akute Verdrängungsbeispiele nennen: Am Alten See 19 in Rödelheim, Taunusstraße 40, Frankenallee, Klapperfeldstraße 14, Wingertstraße, Mannheimer Straße, Wallauer Straße, Knorrstraße, Mercatorstraße 27 und so weiter. Jedes Jahr werden Hunderte Zwangsräumungen durchgeführt. Die Notunterkünfte sind überfüllt. Die Familien mit Kindern leben unter dramatischen Bedingungen in Pensionen und in Hotels. Anstatt sich um die eigenen Bürgerinnen und Bürger zu kümmern, bewirbt sich die Stadt bei den Finanzbankern in London und bei den Privatinvestoren, damit sie noch mehr Luxuswohnungen bauen. Es ist höchste Zeit, dass die Stadt die stadteigenen Wohnungsbaugesellschaften, insbesondere die ABG Holding und die Nassauische Heimstätte, in die Pflicht nimmt, um wirklich soziale Wohnungspolitik umsetzen zu können.

(Beifall)

Dass dies möglich ist, haben wir bei einem Besuch in Graz gesehen. Dort ist es möglich, für sechs Euro pro Quadratmeter neu zu bauen. Das muss auch für die ABG und die Nassauische Heimstätte Normalität sein.

Vielen Dank!

(Beifall)

Hier können Sie die Rede als PDF-Datei herunterladen.

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